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Umbau statt Abriss

 

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Das Juridicum auf dem Kulturcampus in Frankfurt ließe sich gut umnutzen – eine Studie von schneider + schumacher belegt das.

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Bild: Kirsten Bucher

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Lageplan Kulturcampus – rechts zwischen HfMDK und der Verwaltung Zentrum der Künste ist das Juridicum markiert. (Bild: schneider + schumacher)

Immer deutlicher artikulieren sich die Widerstände gegen den anhaltenden Abriss von wertvoller Bausubstanz in deutschen Städten. Auch Astrid Wuttke, Partnerin bei schneider+schumacher, meint gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Capital: „Gebäude sollten keine Wegwerfartikel sein.“ Im gleichnamigen Artikel kritisiert sie, dass hierzulande zu viele Gebäude abgerissen werden. Bauten sollten so geplant werden, dass sie sich anpassen und umnutzen lassen, so die Architektin. Bisher werde über eine mögliche Weiternutzung immer noch zu selten nachgedacht – wie im Falle des Juridicums in Frankfurt, das bisher für den Abriss vorgesehen ist, sich nach einer Studie von schneider+schumacher aber hervorragend für eine Um- und Weiternutzung eignet und sich auch städtebaulich sehr gut in die geplante Entwicklung zum Kulturcampus integrieren lässt.
Dieses Thema wird vertieft im Podcast von hr-iNFO Kultur mit dem Titel „Weiterbauen statt abreißen – Neue Wohn-Ideen für Frankfurts Kulturcampus“. Im Gespräch mit Redakteur Christoph Scheffer erklärt Astrid Wuttke, dass man die Betonskelettkonstruktion des Juridicums weiterhin nutzen könnte. Das Innenleben könne man ganz neu einteilen sowie die Fassade technisch auf den neuesten Stand bringen – entweder in Anlehnung an das entstehungszeitliche Erscheinungsbild, oder auch ganz neu mit vorgelagerten Balkonen, Wintergärten oder auch Laubengängen. Damit könnte auch der seit Jahren versprochene kostengünstige Wohnraum auf dem Campus verwirklicht werden. Das Juridicum wurde 1967 von Heinrich Nietschke nach Plänen von Ferdinand Kramer auf dem Campus Bockenheim errichtet und war über Jahrzehnte Sitz der juristischen Fakultät der Frankfurter Goethe-Universität. Im Frühjahr wird die Universität das Gebäude verlassen haben.

Während mittlerweile ein Erhalt des Juridicums realistisch diskutiert wird, soll in unmittelbarer Nähe, direkt nördlich der Universitätsbibliothek,   das Dondorfer Druckereigebäude abgerissen werden – ohne nennenswerte öffentliche Reaktion, ohne dass sich Protest erhoben hätte. Der 2018 ausgelobte Architekturwettberwerb hatte zur Bedingung, das Gebäude zu erhalten. Der damals mit dem ersten Preis ausgezeichnete Entwurf wurde insbesondere für die gelungene Integration des Bestandes gelobt. Warum ein bis heute genutztes Bestandsgebäude, ein Massivbau mit prägnanter Sichtziegelfassade, nun “in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen“ (FAZ) nicht saniert werden könne, dass er abgerissen werden muss, wäre zumindest kritisch zu hinterfragen: Welche Anforderungen treiben den Preis in die Höhe? Welche wirtschaftlichen Prämissen sind der Entscheidung zugrunde gelegt? Eine in Aussicht gestellte Rekonstruktion in Anlehnung an den Bestand wird der Sache nicht gerecht, da mit dem Abriss erneut wertvolle graue Energie vernichtet wird. Auch die „goldene Energie“, die Aura eines 150 Jahre alten Hauses mit wechselvoller Geschichte lässt sich nicht wiederherstellen.

Dass Erhalt, Umbau und Weiternutzung alter Gebäude möglich ist, zeigt anschaulich das von Stefan Forster Architekten umgebaute Philisophicum, wenige Meter vom Juridicum entfernt. Wie ein sensibler Umbau aussehen kann, haben schneider + schumacher schon mehrfach gezeigt – unter anderem bei der Sanierung des ehemaligen amerikanischen Konsulats in Frankfurt oder der der Kreisverwaltung in Kaiserslautern. Derzeit wird unter anderem die Mathildenhöhe in Darmstadt von schneider + schumacher saniert.