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Otto Bartning. Architekt einer sozialen Moderne

Bis zum 18. Juni zeigt die Berliner Akademie der Künste eine umfangreiche Ausstellung zu Person und Werk von Otto Bartning (1883 – 1959), mit der die Diskussion über Besonderheiten und Wirkungen der Moderne befeuert wird.

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Otto Bartning, Ansicht der Sternkirche, Tuschezeichnung, 1922 (© Otto-Bartning-Archiv TU Darmstadt)

Gewiss: Otto Bartning war eher ein Netzwerker im Hintergrund als eine schillernde, glamouröse Ikone der Moderne. Dennoch ist die Geschichte der Architektur der Moderne in Deutschland ohne ihn und sein Werk nicht zu verstehen. Recht spät erinnern die Akademie der Künste, die TU Darmstadt und die Wüstenrot Stiftung mit der Ausstellung „Otto Bartning. Architekt einer sozialen Moderne“ nun an diesen Architekten und seine Arbeit. Dennoch kommt sie zu einem günstigen Zeitpunkt. Denn wenn die Erinnerung an die „Silberprinzen“ wie Walter Gropius oder Mies van der Rohe heute schon ein wenig verblasst ist, kann die Betrachtung Otto Bartnings neuen Schwung in die Interpretation der Moderne bringen. Die Ausstellung ist derzeit noch bis zum 18. Juni in der Akademie der Künste in Berlin zu sehen, wird dann in der Städtischen Galerie Karlsruhe und am Institut Mathildenhöhe in Darmstadt gezeigt. Dazu ist ein umfassendes Begleitbuch von Werner Durth, Wolfgang Pehnt und Sandra Wagner-Conzelmann erschienen.

 

Otto Bartning mit Le Corbusier (links) und Hans Scharoun (Foto: Akademie der Künste, Berlin)

Le Corbusier, Otto Bartning und Hans Scharoun (v.l.n.r.) während der Eröffnung der Ausstellung „Le Corbusier – Architektur, Malerei, Plastik, Wandteppiche“ am 7.9.1957 in Berlin (© Marie-Agnes Gräfin zu Dohna)

Netzwerker und Reisender

Die Fülle des in der Ausstellung ausgebreiteten Archivmaterials ist beeindruckend. Sie zeigt, dass Bartning mit seiner Arbeit, aber auch mit seiner persönlichen Vernetzung zu den wichtigsten Protagonisten der Architekturmoderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählte. Er war Mitglied im Deutschen Werkbund (DWB), in Bund Deutscher Architekten (BDA), im Arbeitsrat für Kunst, in der Union Internationale des Architectes (UIA), besetzte jedes wichtige Gremium im Wiederaufbau Deutscher Städte nach dem Zweiten Weltkrieg und war Mitglied in kaum zählbar vielen Preisgerichten von Architektur- und Städtebauwettbewerben.
Seine Architekturentwürfe, seine Zeichnungen und Malereien zeigen ihn im Gleichklang mit seinen jeweiligen Zeitgenossen. Und die Ausstellung macht auch deutlich, dass die Zeichnung, der Entwurf und das Bauwerk nicht die einzigen Medien waren, in denen sich Otto Bartning auszudrücken wusste. Über seine frühe Weltreise 1904 verfasste er Tagebücher, die zwar spät, 1947, als Reiseberichte veröffentlicht wurden, dann ab gleich in mehreren Auflagen. Das Schreiben bedeutete offenbar für Bartning auch eine wichtige Reflexion seiner Entwurfsgedanken, die ihn in der evanglisch-lutherischen Kirche zu einem der wichtigsten Theoretiker und Refomer des Kirchenbaus werden ließ.


Otto Bartning (Foto: Akademie der Künste, Berlin)

Otto Bartning (Fotograf unbekannt, © Otto-Bartning-Archiv TU Darmstadt)

Der Lehrer

Bartning pflegte stets den umfassenden Blick auf das Bauen und seine gesellschaftliche Relevanz. Das zeigt sein Ansatz für ein weit gefasstes Unterrichtsprogramm, das starke Parallelen zu Walter Gropius‘ Bauhaus-Manifest von 1918 aufweist. Nach Gropius Weggang und dem Umzug des Bauhauses von Weimar nach Dessau wurde Bartning 1925 Direktor der neugegründeten Bauhochschule Weimar und etablierte hier sozusagen ein zweites Bauhaus, indem er seine schon 1918 formulierten Ausbildungsideen umsetzte.
Die ethischen Grundlagen des Bauens sowie des Architektenberufes und sein gesellschaftlicher Beitrag waren auch wesentliche Themen seines Vorsitzes im Bund Deutscher Architekten und seiner Mitgliedschaft im Deutschen Werkbund nach dem Zweiten Weltkrieg. Eindrucksvoll umgesetzt sind diese Inhalte in seiner Moderation des Darmstädter Gespräches „Mensch und Raum“ 1951, aber auch in der Organisation des Wiederaufbaus auf der Insel Helgoland. Die neue Bebauung der Hochseeinsel verstand Bartning nicht nur städtebaulich und architektonisch, sondern auch als eine soziale (Neu-)Organisation ihrer Bewohnerschaft.

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Notkirchenprogramm nach 1946: Johanneskirche, Wuppertal-Elberfeld, 1948/49 (Foto: Carl Schäfer, © Archiv des Ev. Kirchenkreises Wuppertal)

Als eine tatkräftige und praktische Hilfe des Wiederaufbaus erwies sich sein Notkirchenprogramm, das den Menschen in ganz Deutschland schon in den 1940er Jahren Zuversicht geben sollte. Als Versuch, den Bogen seines Schaffens noch ein wenig abzurunden, sei noch seine Leitung der Interbau in Berlin 1954-1957 und seine Berufung in den Autorenverband Pen-Zentrum Deutschland 1956 erwähnt.

 

 

 

 


Bartnings Beitrag zur Interbau (Foto: Akademie der Künste, Berlin)

Bartnings bei der Interbau 1957 in Berlin (Foto: Gert Schütz, Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 Nr. 0053464)

Ethik des Bauens

Eine vollständige Schilderung der Lebenstätigkeit von Otto Bartning kann an dieser Stelle nicht gelingen. Sie gelingt aber leider auch in der Ausstellung und im Begleitbuch nur ansatzweise. Die Ausstellung bleibt eine Archivschau, und ihr Untertitel „Architekt einer sozialen Moderne“ erstarrt als eine Hypothese, die in Bartnings praktischen Ansätzen des Kirch-, Wohn- und Krankenhausbaus mal mehr, mal weniger gut nachzuvollziehen ist, aber eben nicht noch einmal expliziert thematisiert wird. Das ist schade, denn damit könnte tatsächlich eine Neubewertung der modernen Architektur gelingen und vielleicht auch populär vermittelt werden. Denn Otto Bartnings Ethik des Bauens ist in der heutigen Diskussion um Baukultur ein wichtiger Beitrag.

 

 

 


Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin, Tel. (030) 200 57-2000, info@adk.de, >>>
Weitere Stationen: Städtische Galerie Karlsruhe (22. Juli bis 22. Oktober) und Institut Mathildenhöhe Darmstadt (19. November – 18. März 2018)