Friedrich von Borries propagiert in seinem Manifest „Weltentwerfen. Eine politische Designtheorie“ ein Design, das in seinem Wesen nicht unter-, sondern entwerfend ist.
Alles, was uns umgibt, ist gestaltet. Denn wir, die Menschen, gestalten laut Friedrich von Borries alles. Wir gestalten nicht nur unsere physische Umwelt. Wir gestalten unser Leben, unser Überleben und schließen Gefahren durch immer raffiniertere Sicherheitssysteme bewusst aus unserer Gesellschaft aus. Auch Körper und Geist werden fortwährend weitergebildet, die demokratischen Gesellschaften immer mehr optimiert. All das dank verschiedener Prozesse, die man Design nennen kann.
Friedrich von Borries liefert mit seinem Buch „Weltentwerfen. Eine politische Designtheorie“ einen gegliederten Überblick über die Bereiche, in denen Design Einfluss auf die Welt nimmt und ordnet Design in vier Kategorien ein. So gebe es das Überlebensdesign, das sich vornehmlich mit dem Lebenserhalt durch schützende Häuser oder der Sicherung von Trinkwasser befasse. Demgegenüber stehe das Sicherheitsdesign, welches sich der Erfassung sowie dem Vorbeugen möglicher Gefahren widme. Des Weiteren bestimme das Gesellschaftsdesign unser Miteinander, entwerfe die öffentlichen Räume, in denen wir uns bewegen. Und schließlich sei es so, dass wir mit dem Selbstdesign sogar den eigenen Körper und Geist optimieren.
Diese Einteilung untersteht allerdings der vorangestellten These, dass „alles, was gestaltet ist, entwirft und unterwirft“. Als Beispiel führt der Autor hier den Salzstreuer an, der uns zwar die Möglichkeit gibt, selbstbestimmt zu würzen, durch die Größe seiner Löcher aber vorgibt, wie schnell das vonstattengeht. So werden immer wieder verschiedene Designaspekte nach ihren befreienden und optimierenden sowie ihren einschränkenden Komponenten reflektiert.
Mit jeweils kurzgefassten Thesen wie „Gutes Design gibt dem Selbst Freiheit“, die es nicht immer schaffen, die mannigfaltigen designinhärenten Aspekte auf den Punkt zu bringen, endet jedes Kapitel und wird dem Vorangegangenen somit nicht gerecht.
Friedrich von Borries liefert keine Lösungsansätze zu der Frage, wie mit dem Ur-Dilemma des Designs umzugehen ist, sondern möchte eher zum Nachdenken anregen. Dies wird deutlich, wenn er beispielsweise schreibt, dass „fast jede Protestkultur […] im Kapitalismus zum konsumierbaren Produkt geworden“ sei und damit „im Dienste der Unterwerfung“ handele. Allerdings sind die Aussagen teilweise so allgemein gehalten, dass ein Weiterdenken durch zu viele unwichtige offene Fragen verhindert wird.
Schließlich wird dem Leser in einer stupiden Gliederung der Designer in verschiedene Charaktere wie dem „reflektierende[n] Ermöglicher“ oder dem „träumende[n] Gestalter“, die auf die Aufforderung hinausläuft, dass jeder den für sich besten Weg finden muss, der von ihm kritisierte Zustand umso bewusster, dass Design in der politischen Welt letztendlich durch Oberflächlichkeit bestimmt wird.
Für mich als junge Architekturstudentin ist der wichtigste Aspekt des Buches, dass Design „dem Vorhandenen Vorstellungen des Möglichen [gegenüberstellt].“ Denn Design ist eben kein Entscheidungsträger, sondern mehr als Instrument aufzufassen, das sich mit Teilaspekten unserer Gesellschaft beschäftigt und dafür Lösungen erarbeitet. So lässt sich Design als Teil der politischen Diskussion verstehen, der inspirierend Einfluss auf das eingeschränkte politische Tagesgeschäft nehmen kann.
Friedrich von Borries: Weltentwerfen. Eine politische Designtheorie. 143 Seiten, edition suhrkamp 2734, Berlin 2016. ISBN 978-3-518-12734-6 | 14 Euro