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100 Sekunden „Rot“ für die Heimat

Der Vitra-Showroom in der Frankfurter Gutleutstraße 89

Der Vitra-Showroom in der Frankfurter Gutleutstraße 89

Der Verkehr Ecke Gutleutstraße 89 in Frankfurt wird mit einer Ampel geregelt: 120 Sekunden „Grün“, 100 Sekunden „Rot“. Der Blick der anhaltenden Autofahrer fällt auf die Schaufenster eines Vitra-Showrooms, der seit zehn Jahren mit Installationen von Architekten und Designern bestückt wird. Bis zum 13. September sind nun sechs Arbeiten zum Thema „same same, but different“ zu sehen.


BilleBeyeScheid thematisieren Wahrnehmungsgewohnheiten.

BilleBeyeScheid thematisieren Wahrnehmungsgewohnheiten.

Bei jeder der „Ampelphase“ genannten Schaufenster-Ausstellungsprojekte werden andere Teilnehmer darum gebeten, sich zu einem vorgegebenen Thema eine Mischung aus Installation und Kunstobjekt auszudenken, das sich schnell erschließt – hundert Sekunden sind keine Ewigkeit. Aber auch für Fußgänger, die sich alle Zeit der Welt nehmen können, lohnt das Hinschauen. Das Thema bezieht sich bei der achten „Ampelphase“ im weitesten Sinne auf den Begriff der Heimat. In Zeiten weltweiter Migration verlieren Millionen Menschen ihre Heimat, andere sind sich ihrer nicht bewusst, wieder anderen sagt der Begriff nichts, weil sie als Arbeitsnomaden ein heimatloses Leben führen und andere Konstanten in ihrem Dasein finden müssen. Diese ließen sich allerdings auch als Komponenten eines weiter gefassten Begriffs „Heimat“ begreifen.

 

Obermeyer Planen und Beraten visualisieren Ortsbezüge ihrer Mitarbeiter

Obermeyer Planen und Beraten visualisieren Ortsbezüge ihrer Mitarbeiter

same same, but different

Es beeindruckt, wie vielfältig die Ansätze für eine visuell schnell erfassbare Installation in allen „Ampelphasen“ ausgefallen sind. Um „same same but different“ kümmerten sich das Atelier Markgraph, Rossmann und Partner, BilleBeyeScheid, RitterBauerArchitekten, Obermeyer Planen und Beraten sowie msm meyer schmitz-morkramer. Verspielt, stark symbolisierend, abstrahierend, interagierend, inszenierend – es sind zwar Arbeiten von Teams, doch hat man den Eindruck, dass die Annährerungen an das komplizierte Thema Heimat geradezu persönliche Züge angenommen haben.

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msm stellt die Frage: Heimat, ein Ort der Gefühle?

Schriftzüge, Gegenstände, Assoziatives fügen sich auch zu Szenarien, die dem Autofahrer verschlossen bleiben, weil er aussteigen und in den Showroom gehen müsste, um etwa Bildwechsel oder Schattenspiele erkennen und begreifen zu können. Man sollte sich auch Zeit nehmen, um selbst aktiv zu werden, etwa, um den „Heimatgegenrator“ in Betrieb zu setzen und sich seine eigenen Gedanken zum Thema zu machen.


RitterBauerArchitekten bauen eine Mauer aus Stühlen.

RitterBauerArchitekten bauen eine Mauer aus Stühlen.

 

 

 

 

 

 

 

 


Atelier Markgraphs "Heimatgenerator" funktioniert auch unter heimatgenerator.de

Atelier Markgraphs „Heimatgenerator“ funktioniert auch unter www.heimatgenerator.de

Erdgeschosse der Stadt

Die achte Ampelphase ist leider nur kurz zu sehen. Deswegen wäre es zu begrüßen, wenn sich für die Installationen und Exponate weitere Präsentationsorte finden ließen; teilweise sind die Arbeiten der Architekten auch demontierbar und  neu nutzbar – wie beispielsweise die gelben Stühle. Im Kontext der Frankfurter Innenstadt leuchtet deswegen mit der „Ampelphase“ eine Perspektive auf. Um die Nöte des Einzelhandels wissen wir, und statt zigster Ein-Euro-Shops oder Nagelstudios könnten in Schaufensterzonen neue Nutzungen ihren Ort finden. Geförderte Schau-Ateliers könnten Passanten und Flaneure vom Zwang oder von der Nötigung oder Verlockung des Kaufens befreien. Und eine Aufwertung des öffentlichen Raums wäre nebenbei auch noch zu begrüßen.


Ausführliche Erläuterungen zu den Projekten finden Sie >>> hier.