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Roboter übernehmen das Kunsthandwerk: The Big Picture, 2014, Robotlab [Matthias Gommel, Martina Richter, Jan Zappe] (Bild: Robotlab)


Das Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien nahm das 150-jährige Jubiläum der Universität für angewandte Kunst zum Anlass für die Ausstellung „Ästhetik der Veränderung“. In zwei Ausstellungsteilen wird erst auf die Geschichte der Kunsthochschule eingegangen und dann ein Blick in die Zukunft gewagt. „Ästhetik der Veränderung – 150 Jahre Universität für angewandte Kunst Wien“ wird bis zum 15. April 2018 im MAK zu sehen sein.


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150 Jahre Universität für angewandte Kunst Wien: Skyline-Silhouette für eine Stadt wie Hamburg, 1985, COOP HIMMELB(L)AU. (Bild: MAK/Georg Mayer)

150 Jahre

Im ersten Teil der Ausstellung über die Angewandte zeigen die Kuratoren Elisabeth Schmuttermeier (Kustodin MAK-Sammlung Metall und Wiener-Werkstätte-Archiv) und Patrick Werkner (Leiter von Kunstsammlung und Archiv), wie sich die ehemalige kaiserlich-königliche Kunstgewerbeschule seit ihrer Gründung 1867 zur Universität für angewandte Kunst heute verwandelte. Akribisch durchforsteten Schmuttermeier und Werkner die Archive des Museums und der Kunsthochschule und schufen eine riesige, enzyklopädische Kuriositätensammlung. Zaha Hadid-Modelle stehen beziehungsweise hängen neben Hans Hollein-Zeichnungen, Klimt-Bilder neben Kokoschka-Gemälden, und auf einem langen Laufsteg reihen sich die Kleider von Karl Lagerfeld an Jil Sanders, Vivienne Westwoods und Hussein Chalayans Kreationen. Über 400 Ausstellungsstücke versammelten die beiden Kuratoren in der unteren Ausstellungshalle und geben so einen umfassenden Überblick über die Schüler, Lehrenden und Institute der Kunstschule. Vielen Besuchern werden manche Persönlichkeiten oder Projekte jedoch unbekannt sein. Ein raumhoher Zeitstrahl kann zwar durch die vielen Namen, die sich hier aneinanderreihen, keinen Gesamtüberblick geben, er zeigt aber an einigen Stellen deutlich den Geschmack der Zeit.

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Namen an Namen. Der Zeitstrahl gibt einen Überblick über die wichtigsten Persönlichkeiten der Kunsthochschule. (Bild: MAK/Georg Mayer)

Roboter und digitale Medien

Im oberen Geschoss der Ausstellung zeigen Peter Weibel (ZKM, Karlsruhe) und Gerald Bast (Universität für angewandte Kunst Wien), wie es mit der Kunst (an der Angewandten) weitergehen könnte. Ausgewählte Künstler bearbeiteten für den zweiten Ausstellungsteil drei Themenschwerpunkte: Social, Technological und Cultural Turns. Dazu widmeten sich die Künstler aktuellen Themen wie Massenmedialität, Klimawandel und Flüchtlingswanderungen. Aber auch für die Branche wichtige Tendenzen –  dass zum Beispiel Roboter die Kunst „übernehmen“ oder die Rolle der digitalen Medien omnipräsent wird – beschäftigte die Kuratoren und Künstler. So entstanden Maschinen, die das Kunsthandwerk des Menschen in Zukunft übernehmen könnten. Maschinen, die vielleicht sogar besser tätowieren, modellieren oder zeichnen können als Menschen. Letztlich bleibt es aber der Mensch, der die kreative Idee hat, den Roboter programmiert und ihm so seine Fähigkeiten „beibringt“.

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Permanente Kunst durch die Tätowiermaschine: Kurt, 2002, Niki Passath. (Bild: Susanne Sellinger)

Das Finale der Ausstellung bildet ein futuristisch anmutender Dom. Unter der Kuppel wird der Besucher durch eine Stimme aus dem Off aufgefordert, eins der angeschlagenen Themenfelder auszuwählen – aus über hundert Bereichen wie Religion, Gesellschaft, Globalisierung, Megacities und so weiter soll sich der Betrachter entscheiden. Hat man dem Kuppelwesen die Entscheidung über ein zentrales Mikrofon mitgeteilt, erscheinen auf den Flächen der Halbkugel je nach Thema Bilder, Begriffe oder Videos. Dazu referiert die unbekannte Stimme über das jeweilige Thema: Sie informiert, macht Vorwürfe und gibt Gedankenanstöße. Jetzt liegt es am Ausstellungsbesucher, sich weiter mit dem Thema auseinanderzusetzen.

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Besteht der Raum der Zukunft aus Information? The Future Room, konzipiert von den Kuratoren Weibel und Bast in Zusammenarbeit mit Ruth Schnell und Martin Kusch (Bild: Gerald Bast)

Was ändert sich ästehtisch?

Der Ausstellung gelingt es durch stetiges Einprasseln von Informationen Fragen im Bewusstsein der Besucher aufzuwerfen. Hat sich die Ästhetik auf eine Metaebene verlagert, in der die Information das Gute oder Schöne ist? In der nur das unbekannte Wissen, die unbekannte Erfahrung in einer altbekannten Welt den Menschen vielleicht noch erstaunen kann, oder löst auch das Altbekannte Faszination aus, wenn es mit unbekannten Mitteln vorgetragen wird? Die Antwort auf diese Fragen muss sich jeder Besucher selbst beantworten. Festzuhalten ist, dass die Ausstellung Hoffnung auf weitere Veränderung in der Ästhetik macht. Hoffnung auf Kunst, Design, Mode und Architektur, die sich ebenso unvoreingenommen und neugierig an die sich heute ergebenden Problemstellungen und Möglichkeiten heranwagen, wie die Künstler und Konzeptoren der Ausstellung „Ästhetik der Veränderung“.