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Wieder hatte die Bürgerschaft am „Tag der Architektur“ – einer Veranstaltung der Architektenkammern – die Chance, neue und umgebaute Häuser anzuschauen, die normalerweise nicht für Jeden zugänglich sind. Die rheinland-pfälzische Architektenkammer hatte anlässlich des „Tags der Architektur“ auf die Villa Ludwigshöhe in Edenkoben zum Vortrag des Stuttgarter Architekten Alexander Brenner eingeladen.

oben: Refugium von Ludwig I., selten von ihm aufgesucht, aber passender Rahmen für den Vortrag des Villen-Architekten Alexander Brenner (Bild: Wilfried Dechau)

„Räume prägen“ stand in diesem Jahr sybillinisch über den Angeboten zum Tag der Architektur. Man konnte nicht sagen, ob es sich um eine Aufforderung an die Architekten handelt oder bereits um ein Ergebnis der Neuro-Urbanistik über die Wirkung des Gebauten. Gleichviel. In Rheinland-Pfalz hatte man Alexander Brenner aus Stuttgart eingeladen, um das Thema zur Eröffnung mit Inhalt zu füllen.

Präsentierte von ihm gebaute Villen: Alexander Brenner aus Stuttgart (Bild: Kai Mehn)

Präsentierte von ihm gebaute Villen: Alexander Brenner aus Stuttgart (Bild: Kai Mehn)

Der Mann fürs Gehobene

Dass der Kollege aus dem Nachbarländle kam, wird im Zeitalter der Globalisierung niemanden wundern. Dass er mit seiner Erfolgsbilanz die versammelten Fachleute unterhielt, schon eher. Man hätte sich ein Publikum aus bauwilligen Laien für den Werkvortrag gewünscht und keine Architekten. Denn was Brenner – der Mann fürs Gehobene, wie ihn Falk Jaeger in einem Zeitschriftenartikel einmal klassifizierte – mitzuteilen hatte, war nach dem in den letzten Wochen Debattierten über rechte Räume und Nicht-Orte ein erhellender Bericht darüber, was die Architektur zusammenhält. Nun gut, Brenner versorgt zwar eine wohlhabende Klientel, die für ihre Villa sehr viel Geld übrig hat. Aber er dient sich seiner Bauherrschaft nicht an, sondern zeigt ihr, wie ihre Knete am besten angelegt ist. Denn, sagt Brenner, schlechter Geschmack und viel Geld richteten mehr Unheil an als guter Geschmack und wenig Geld.

Wenig Geld, guter Geschmack?

Für seine Nobelvillen hat er mittlerweile eine wiedererkennbare Handschrift entwickelt. Es sind durchweg hartkantige, immer orthogonal entwickelte Kuben, deren weiße Flächen sich mit einer eleganten Leichtigkeit zu Baukörpern schließen, dabei mit Tiefe und Asymmetrie kokettieren und durch ihre scharfen, schattenspendenden Vordächer nie plump und träge wirken. Es sind Figuren, die in einer idealen Bewegung erstarrt scheinen. Allerdings gilt auch hier wie bei Richard Meier: Die kleineren Häuser sind zauberhaft geraten, wenn das Budget eine mittlere einstellige Millionenhöhe überschreitet, hat sich das Repertoire irgendwann erschöpft.

Fassade eines Wohnhauses in Reutlingen (Bild: Alexander Brenner Architekten)

Fassade eines Wohnhauses in Reutlingen (Bild: Alexander Brenner Architects)

Dieser Kundschaft ist es natürlich egal, wie hoch die Heizkosten sind und was der Strom kostet. Dafür übernimmt Brenner die Verantwortung. Er holt die besten Handwerker und das Material aus der Region, er vermeidet Verbundbaustoffe und WDVS, er baut haltbare Details, immer eine Balance aus lagernder Masse und schwereloser Öffnung. Es ist ein Unterschied, ob ich aus Aluminium ein filigranes Fensterprofil herstelle oder eine Cola-Dose zum Wegwerfen, erläutert der Architekt seine Haltung. Ob Wände mit Kunstrasen oder Rindsleder bespannt werden, ist eine Stilfrage. Brenner entscheidet fallweise. Er kann das, was die Bauherrschaft atmosphärisch anstrebt, in eine stimmige Motivsprache übersetzen. Das ist die große Kunst. Wenn die Auftraggeber zu ihrer Villa eine Garage für fünf Fahrzeuge bestellen, lässt sich der umweltbelastende Fußabdruck ohnehin nicht mit ein paar Solarpaneelen verkleinern.
Und bauen würden sie ohnehin, dann eben mit Harald Glööckler oder einem Planvorlageberechtigten, der ihnen ihre Reminiszenzen aus Sylt, Mallorca und Kitzbühel zusammenbringt.
Brenners Häuser mag man dagegen neidlos von außen über die Gartenmauer  anschauen. Gut, wenn die Schickeria wenigstens nicht die Gegend verschandelt. Gespannt sein darf man, wie es weitergeht. Nach der weißen Phase experimentiert Brenner inzwischen mit scharriertem Sichtbeton. Billiger wird’s damit nicht.

Bilder einer Apologeten-Architektur der "weißen Moderne" im Festsaal der Villa Ludwigshöhe in Edenkoben (Bild: Kai Mehn)

Bilder einer Apologeten-Architektur der „weißen Moderne“ im Festsaal der Villa Ludwigshöhe in Edenkoben (Bild: Kai Mehn)

Der Ort für die Eröffnung der ArchitekTouren war wieder die Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben, eine klassizistisches Sommerresidenz von Gärtner und Klenze für Ludwig I. Ein leichter Wind über der Terrasse hatte die drückende Hitze abgelöst und beflügelte die Gespräche bei einem vorzüglichen Pfälzer Wein. Räume prägen nicht nur, sie bleiben in angenehmer Erinnerung – sofern es sich um Architektur als Kulturleistung handelt.