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Haus der Graphischen Sammlung | Augustinermuseum Freiburg
Architekten: Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt am Main



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Eine „Kleinodientreppe“ ist ein Dreh- und Angelpunkt im Augustinermuseum (Bild: Ursula Baus)

Mit dem Abschluss des zweiten Bauabschnittes verfügt das Freiburger Augustinermuseum über eine neue, angenehme Präsenz im öffentlichen Raum, exzellente Räume für die Graphische Sammlung und eine kleine, räumliche Pretiose: eine Wendeltreppe über elliptischem Grundriss windet sich vier Geschosse hoch.


Als 2010 der erste Bauabschnitt des Museumskomplexes nach dem Umbau der vielfach umgenutzten Kirche eröffnet wurde, beeindruckte die Fülle der Exponate, die in engen räumlichen Verhältnissen ausgestellt sind. Es ließ sich kaum ahnen, welchen Rang das gesamte Quartier einmal bekommen würde. Christoph Mäckler Architekten hatten 2001 das VOF-Verfahren für die Sanierung und den Umbau des gesamten Augustinermuseums gewonnen. Die damaligen Pläne für den zweiten Baubschnitt, der jetzt fertig ist, wurden mehrfach geändert, zuletzt, als ein neues Erschließungskonzept funktional sinnvoll erschien.

 

 

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Erdgeschoss der Gesamtanlage; dunkelgrau der 1. Bauabschnitt, hellgrau der 2. und fast weiß der 3., der 2020 zum Stadtjubiläum Freiburgs fertig sein soll. Rot markiert sind die beiden bisherigen Zugänge. Mit dem 3. Bauabschnitt soll ein interner Rundgang durch alle Museumsbereiche geschlossen werden. (Copyright: Christoph Mäckler Architekten)

Bauen als Präzisionsarbeit

Zunächst war ein neues Treppenhaus zwischen dem einstigen Chor und dem östlich gelegenen,zweiten Bauabschnitt vorgesehen. Jetzt aber liegt dort an der Salzstraße der Zugang zur Graphischen Sammlung und der Durchgang zum Museumshof – siehe die rote Markierung im Plan oben. Die Treppe wurde nach innen neben den Aufzug verlegt, was eine Fluchttreppe erübrigte. Von dieser im Grundriss elliptischen Treppe mussten nun unterschiedliche Geschossebenen von Häusern aus mehrerer Jahrhunderte erschlossen werden – ohne eine unglaublich präzise Planung von Distanz- und Ausgleichsstufen und gleichermaßen präziser Ausführungwäre das undenkbar. Beides ist exzellent gelungen – mehr noch: die Treppe läuft sich gut und ist einfach schön.

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Im dritten Bauabschnitt wird es bis zum Stadtjubiläum im Jahr 2020 darum gehen, einen Rundweg durch das ganze Ensemble zu vervollständigen und dabei unter anderem Treppenhäuser zu erhalten, die aus den 1920er Jahren stammen, als Stadtbaumeister Karl Gruber hier als Architekt wirkte.

Links: Augustinerplatz: Zugang zum 1. Bauabschnitt – Augustinermuseum –, der 2010 eröffnet wurde. Rechts: Salzstraße: Zugang zum 2. Bauabschnitt – Haus der Graphischen Sammlung. Die zweiteilig wirkende Gebäudekonstellation ist innenräumlich ein Haus. Linkerhand des Neubaus schließt ein Altbau an, dessen Umnutzung in den zweiten Abschnitt gehört. Hier wird in Kürze ein Museumsshop eröffnet. (Bilder: Ursula Baus)


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(Bild: Haus der Graphischen Sammlung, Augustinermuseum; Städtische Museen Freiburg, Rita Eggstein)

Ausstellung und Sammlung

Im ersten Obergeschoss des Neubaus bietet ein Saal über quadratischem Grundriss mit verschieblichen Wänden und Lichtgräben in der Decke beste Ausstellungsvoraussetzungen. Geplant sind drei Ausstellungen pro Jahr – lang dürfen graphische Kunstwerke aufgrund ihrer Empfindlichkeit ohnehin nicht ausgestellt werden. Deswegen gibt es hier auch kein Tageslicht. In der Eröffnungsausstellung mit Werken von Hans Baldung-Grien sind die Wände in dunklem Grün gestrichen; für die Folgeausstellung mit Werken der Künstlerin Susanne Kühn wird sich der Raum mit weißen Wänden bereits anders zeigen. Der Enge der gesamten Situation begegneten die Architekten mit schön proportionierten Räumen.

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In den Wänden wurden Schaukästen für die Präsentation von „Kleinodien“ eingebaut. Eindrucksvoll sind die Auf- und Abblicke im Treppenauge. (Bilder: Thomas Eicken)


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Ornamentierte Fassaden: links eine Putzfassade von Hild +K in der Ismaniger Straße in München; 2014, rechts davon eine Sichtbetonfassade von Valerio Olgiati in Scharans, 2007. Mitte und rechts: Fassade zur Salzstraße (Bilder: links: Ursula Baus, rechts: Thomas Eicken)

Ornament

Bleibt die Frage, wie der Neubau, der wie zwei nebeneinander gestellte Häuser aussieht, im Straßenraum seine Wirkung entfaltet. Wenn die Anlieferungsseite eines Museums – generell wegen Lkw-tauglichen Einfahrtstoren eine Rückseite – an eine stark benutzte, idyllische Innenstadtstraße gelegt werden muss, ist die Not groß. Nun inszenierten die Architekten die Einfahrt als Tor im klassischen Sinn, was ein straßenraumverträglicher Coup ist, von „Rückseite“ kann hier jedenfalls keine Rede sein. Über dem Tor eine Symmetrie mit fast fensterloser Fassade zu gestalten, ist Teil dieses Coups. Gestört wird die Symmetrie nur durch ein kleines Kastenfenster im Erdgeschoss, wo der technische Leiter des Hauses seinen Arbeitsplatz hat. Daneben geht es um die Inszenierung des Hofzugangs – auch die geriet mit einem geschützten Außenraum sehr einladend.

Über die Anmutung des Ornaments an der geschlossenen Fassade lässt sich indes mal wieder trefflich streiten. Tom Vanderbuilts Untersuchung You May Also Like: Taste in an Age of Endless Choice“ erschien 2016 auf Deutsch mit dem Titel: „Geschmack. Warum wir mögen, was wir mögen“. Eine klare Antwort hat der Autor nicht. Zurück nach Freiburg: Die Fassade, die mit goldenen Lettern in einem Putzfeld vor ein Buchstabenrätsel („Augustinermuseum“ in senkrechter Lesart) stellt und in einem Steinrelief das „Haus der Graphischen Sammlung“ erkennen lässt, hat weder ein zeitgenössische, noch eine zeitlose Anmutung, sondern erinnert an die verhaltene Ornamentik der 1950er Jahre. Ist es nur eine Geschmacksfrage, welche zeittypische Ästhetik an einem Neubau anklingt? Etwas mehr Courage für ein ornamentales Experiment, mit dem die Architektur die Gegenwart erreicht hätte, wäre dem Ort und der Graphischen Sammlung gewiss angemessen gewesen.


Haus der Graphischen Sammlung
Augustinermuseum, Freiburg im Breisgau
Salzstraße, 79098 Freiburg im Breisgau

Bauherr
Stadt Freiburg im Breisgau, Gebäudemanagement

Architekten
Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt am Main
Projektleiter Jochen Eberle, Nadja Hellenthal

Bauzeit 2013-2016
BGF 2.730 qm
Kosten 15,78 Mio Euro