Der AIV Stuttgart lobt seit 1995 alle zwei Jahre einen anonymen Studierendenwettbewerb aus, der zu Ehren Frei Ottos dieses Mal zum Thema „Flexible Space – multifunktionale Begegnungsstätte in Leichtbauweise“ organisiert worden ist. Die Ergebnisse bezeugen eine Vielfalt im Leichtbau, die in der Baupraxis leider selten zu finden ist. Insofern war das Thema bestens gewählt, bietet doch das Zusammenwirken von Material, Tragwerkstypologie und Fomfindungsmethoden ein wunderbares Entwurfsfeld, zumal zunächst kein konkreter Ort vorgegeben war. Vergeben wurden ein 1. Preis sowie je drei gleichrangige 2. Preise und Anerkennungen, dotiert insgesamt mit etwa 5000 Euro. Die Entwürfe zeigen ein Mal mehr, dass Leichtbau alles andere als leicht ist. Denn das Wissen um Materialverhalten, statische Prinzipien und Geduld sowie Freude an Formfindungsprozessen vorausgesetzt, sind die Entscheidungs- und Optimierungswege inklusive mehr oder weniger komplizierter Detailierung und Montageabläufe aufwändig. Man wünscht sich deswegen mehr von solchen Wettbewerben, die auch in Realisierungsbereiche begleitet werden. Und genau dann kommt die schöne Aufgabe ins Spiel, Leichtbau auch an bestimmte örtliche Verhältnisse anzupassen.
1. Preis | Ramon Weber, Ayuna Mitupova, Tiago Carvalho
Das Prinzip Leichtbau wird durch die vorgespannte Dachmembrane und die leichte Stützstruktur erreicht. Die Dachhaut spannt sich zwischen zwei Kreisringen unterschiedlicher Durchmesser. Die daraus resultierenden differenten Kräfte müssen durch Verstärkungen im oberen Druckring aufgenommen werden. Die diagonalen Unterstützungen des Druckrings werden durch einen ringförmigen Konoid gebildet, der sich ebenfalls als Minimalkonstruktion ausbilden lässt, da bei den sich kreuzenden Stäben die Knicklängen reduziert sind. Die Verflechtung des Innen- und Außenraumes lässt eine sehr gute kontextuelle Einbindung in eine Parklandschaft erwarten. Durch eine umschließende Membrane könnte die Fassade witterungsbedingt reagieren.
Ein 2. Preis | Peter Kovač, Tianshuo Zhang
Die pneumatische Konstruktion ist durchlässig und für eine Parklandschaft geeignet. Die „Aufpumpmethode“ in Form einer elektrischen Luftpumpe wird kritisch bewertet. Die grundrissliche Organisation und Zonierung ist gelungen. Die eingestanzten Lichtaugen lassen einen ungewöhnlichen Innenraum entstehen, ergeben in der Pneukonstruktion
jedoch aufwändigere, konstruktive Eingriffe. Die Bodenverankerung erscheint etwas unterdimensioniert und in seiner Detailausbildung noch verbesserungsbedürftig. Insgesamt kann die Arbeit durch ihre Leichtigkeit und temporären Charakter überzeugen. Sehr positiv wird die Durcharbeitung und die schrittweise Annäherung an das Gesamtkonzept bewertet.
Ein 2. Preis | Marina Schmid
Die Gitterschale mit einer beidseitigen Membrane wird durch Unterdruck stabilisiert. Die Zugangssituation und die flexible Grundrissstruktur sind gut organisiert. Die Verbindung der Rundrohre aus CFK mittels Gerüstschellen wird im
Zusammenhang mit einem Glasfaservlies als kritisch betrachtet. Die durch den Unterdruck gepressten Füllmaterialien reduzieren die Drehbewegung durch
Scheibeneffekte und schaffen eine nur bedingt wirksame, thermische Hülle.
Hinterfragt wird die Montage der innenliegenden Membran im Zuge einer innen zu stellenden Montagehilfe sowie die Dauerhaftigkeit der Unterdruckfunktion. Das Konstruktionsprinzip kann hinsichtlich der Wahl der Hüllfläche durch seine funktionale Vielfältigkeit überzeugen (Bauphysik, Lichtlenkung, Schallschutz und Wetterhaut).
Ein 2. Preis | Uli Schaller, Jo F. Effenberger
Die Kombination aus Stahlbetonschale und
Membrankonstruktion überzeugt in ihrer floralen Gesamtfigur. Die Formfindung
mittels Hängemodellen wird positiv bewertet. Die Schalenkonstruktion erscheint etwas zu flach und zu schlank ausgebildet. Das Heranziehen der Membran zur Stabilisierung der Schalenkonstruktion wird kritisch bewertet und ist in der vorgeschlagenen Form nicht möglich. Die Zugangssituation kann nicht überzeugen, zudem sind die Membrananschlüsse als luftoffene, regendurchlässige Anschlusspunkte ausformuliert. Die semitransparente Membran lässt ein abwechslungsreiches Erscheinung bei Nacht erwarten. Die Arbeit überzeugt in ihrer Gesamtgestaltung und leistet einen guten Beitrag zur konstruktiven Bearbeitung der Aufgabe.
Anerkennungen
Alle 26 eingereichten Arbeiten sind bis zum 13. März im Dachgeschoss von Bau 3 der Hochschule für Technik in Stuttgart ausgestellt, die 7 ausgezeichneten Arbeiten dann im Anschluss bis 24. März im Erdgeschoss von Bau 1. Weitere Informationen: www.aiv-stuttgart.org