
David Schalko: Bad Regina. Roman. 400 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-05330-2. 24 Euro, E-Book 19,99 Zur Leseprobe >>>
Selten hat mich eine – zumal sterbenslangweilige – Lektüre so angestrengt. Ich habe das Buch „Bad Regina“ nur zu Ende gelesen, weil es sich um ein kostenloses Rezensionsexemplar handelte. Das verpflichtet irgendwie.
Als Anregung zu diesem Roman diente Bad Gastein im österreichischen Pongau. Ich war zweimal dort. Daraus entstand nach Gesprächen mit dem Bürgermeister, mit Architekten und Hoteliers die Reportage „Pomp, Stuck und Circumstance“, erschienen im Baumeister B10/2003. Auch der Autor David Schalko hat dort mehrmals seinen Urlaub verbracht. Seine Beobachtungen hat er zu diesem Roman verarbeitet. Das lässt sich gut nachvollziehen.
Bad Gastein mit seinen leerstehenden, ruinösen Hotelschlössern bot eine einmalige Kulisse für Film, Funk und Fernsehen. Oder eben Romanciers. Der Inhalt der Fiktion wird auf dem Klappentext erschöpfend beschrieben. Ein mysteriöser chinesischer Immobilientycoon kauft in dem verlassenden Kurort in den Bergen gnadenlos Hotels auf und lässt sie verfallen. Die verbliebenen 46 Einwohner beschließen den Kampf aufzunehmen. Mehr Handlung folgt auch nicht in den umschlagenen 400 Seiten. Dass die Geschichte tiefgründig, böse und satirisch angelegt sei, „eine brillante literarische Allegorie auf einen sterbenden Kontinent“, wie der Verlag vorausschickt, mag verstehen, wer will. Tatsächlich wurden ein paar wahre Hintergründe verarbeitet. 2001 erwarb der „Wiener Garagenkönig“ Frank Duval mehrere der pompösen Hotels aus der Belle Époque und ließ sie verrotten. Es wurde gemunkelt, seine Familie sei im Krieg von Einheimischen an die Nazis verraten worden und dies sei nun seine Rache.
Inzwischen ist der untätige Investor verstorben, sein Sohn Philippe hat die morbid-prächtigen Immobilien an das Land Salzburg verkauft, das wiederum mit der Hirmer-Gruppe einen Investor gefunden hat, der zusammen mit weiteren Unternehmern dem Ort zu neuem Glanz verhelfen möchte. Soweit geht Schalkos Geschichte aber nicht. Sie endet mit einem surrealen Showdown, der an Herbert Rosendorfers Ruinenbaumeister erinnert, die Bekehrung des Chinesen an Old Wabble bei Karl May. Auch die NS-Historie wird nicht ausgelassen.
Lesen kann man das Buch nicht, man muss es durcharbeiten und sich Notizen machen. Bisweilen zweifelt man an sich selbst, als beherrschte man diese Kulturtechnik nicht. Bei jedem neuen Kapitel hofft man, das Personalkarussell wieder zu erkennen und besser zu verstehen. Manche Figuren tauchen nur beiläufig auf. Da es eine Reihe Schreibfehler gibt, könnte es sein, dass Autor und Lektorat nur Namen verwechselt haben. Man rätselt, wer wann wo anwesend ist, ob über Personen gesprochen oder nur an sie gedacht wird oder der Autor sie assoziativ beigefügt hat. Sperrig ist das wie in Robert Menasses „Hauptstadt“. Dialoge wuchern wie Unkraut. Da alle Reden nur durch Gedankenstricke markiert sind, hat man nach einigen Zeilen die Peilung verloren. Dann wieder Satzfragmente, ohne Subjekt oder Prädikat. Eine Stilfrage, meinetwegen. Es wirkt, als hätte Schalko zwar eine schöne Idee gefunden, aber keine Lust zu schreiben.
Die Geschichte ist irgendwie verschenkt. Andererseits gibt es wunderbare Aphorismen über Polizei, Politiker, Sportler, Betrunkene. Oder Österreich. Dabei handele es sich nicht um ein Land, sondern um eine Geisteskrankheit, schreibt Schalko. Soweit würde ich nicht gehen. Aber sonderbar liest es sich schon.