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Haus halten

Umbau der Christuskirche in Bruchhof-Sanddorf



Auch in kleineren Ortschaften dokumentieren Kirchen die Entwicklung anspruchsvoller Baukultur. Die Zeitläufte bedrohen sie allerdings essentiell: Weniger Gläubige, Erhalt der Bausubstanz – die kleine Christuskirche im Saarland erweist sich beispielhaft darin, wie mit vergleichsweise Eingriffen weitsichtig geplant werden kann.

Volle Kirche – (Bild: Sven Paustian)

Volle Kirche – (Bild: Sven Paustian)

Wir erinnern uns noch der an- und umgebauten, vulgo vergrößerten Kirchenbauten, die vor einigen Jahrzehnten zu diskussionswürdigen Balanceakten zwischen Denkmalpflege und Gegenwartsarchitektur geführt haben. Seit geraumer Zeit schrumpfen die Gemeinden, die Kirchensteuer entsprechend, was dazu führt, dass Sakralbauten profanisiert und dafür einigermaßen verträgliche Nutzungen gefunden werden müssen.


Kirchlein und Gemeinderäume vor dem Umbau (Bild: Architekten)

Kirchlein und Gemeinderäume vor dem Umbau (Bild: Architekten)

Dieses Schicksal hätte auch die kleine, Ende der 1920er-Jahre auf einem bewaldeten Buckel in Bruchhof-Sanddorf errichtete Kirche treffen können. Der Westrich, so heißt die Region an der Grenze zwischen Saarland und Rheinland-Pfalz, ist eine touristisch eher unbemerkte Gegend, die Bodenschätze lässt man inzwischen lieber ruhen, und die befreundeten Armeen geben ihre Kasernen auf. Kurz, um die Kirche zu retten, brauchte man ein raffiniertes, sparsames Konzept. Den Weg, den die Pfarrerin Petra Scheidhauer einschlug, möchte man als Musterlösung ausgeben. Sie wandte sich an die Uni in Kaiserlautern und legte der Architekturabteilung das Problem auf den Tisch: Das benachbarte Gemeindehaus sollte verkauft, die Kirche verkleinert und mit Zusatzräumen ausgestattet werden, außerdem wünschte man sich einen barrierefreien Zugang, endlich eine funktionierende Heizung, eine Toilette  – und überhaupt eine attraktivere Anmutung für das in die Jahre gekommene Gebäude. Angesprochen fühlten sich die beiden Professoren Dirk Bayer (der bereits einige Erfahrung mit dem Bauherrn Kirche gesammelt hatte) und Johannes Modersohn, die zunächst eine Studentenaufgabe formulierten. Schließlich nahm das Projekt konkrete Dimensionen an und konnte in einer Arbeitsgemeinschaft als Bauplanung weiterverfolgt werden.

Der Innenraum vor der Grundrissdrehung (Bild: Architekten)

Der Innenraum vor der Grundrissdrehung (Bild: Architekten)


Die Neuausrichtung des Kirchenraums ermöglichte den neuen Grundriss.

Die Neuausrichtung des Kirchenraums ermöglichte den neuen Grundriss.

Kernstück des Entwurfs war eine rechtwinklige Drehung des Kirchenschiffs, so dass die Raumbreite zur reduzierten Länge wurde. Die abgetrennten Grundrisstrapeze standen im Erdgeschoss nun für dienende Funktionen zur Verfügung. Die vorhandene Orgelempore erhielt ein symmetrisches Pendant, das man über eine schmale Schachttreppe erreicht. Die schrägen Unterseiten der beiden galerieartig in den Raum ragenden Emporen wirken wie eine bergende Umschließung, sie wird unter der Decke von einem Baldachin aufgenommen, der wie die Untersicht eines Satteldachs die Gehäusegeometrie über den Brüstungen vollendet. Die neue Räumlichkeit wird von weiß gewachsten Lärchenbrettern umschrieben, wobei das preiswerte Material durch eine penible Detaillierung veredelt wird: Die wechselnden Breiten der Hölzer erhalten einen zusätzlichen Rhythmus, indem jedes vierte Brett sägerau die glatte Vertäfelung unterbricht. Wer will, mag darin das Pathos der Profanität erkennen, die Gemeinde, die Gerechte und Ungerechte aufnimmt. Oder sich einfach an dem schlichten, von exakten Schraubenlinien gezeichneten Bild freuen.

Seitlicher Ausgang, neue Empore mit Orgel (Bild: Sven Paustian)

Seitlicher Ausgang, neue Empore mit Orgel (Bild: Sven Paustian)

Auf dem Boden mischen sich schwarze und rote Fliesen in das weiße Rasterfeld, darunter verbirgt sich die Fußbodenheizung. Die lose verbundenen Holzstühle mit ihren dunklen Filzkissen machen den hellen Raum zu einem einladenden Auditorium. Die hohen neuen Metallfenster mit dezenter Glaskunst geben keinen Unterschied zwischen vorne und hinten, dem Ort des Priesters und der Gemeinde, zwischen dem Heiligen und dem Profanen. Es ist eben eine Kirche für alle, man könnte es ein Zuhause nennen.


Christuskirche Bruchhof-Sanddorf
Heidebruchstraße 29

Bauherr
Pfarramt Homburg / Saar, Pfarrerin Petra Scheidhauer

Architekten
Arge bayer ı uhrig, Kaiserslautern, und Modersohn & Freiesleben, Berlin