Marktgeschrei (6) | Eine Doppelgarage bietet locker 30 Quadratmeter, die samt und sonders zu schade für das Abstellen von Autos sind. Man stelle sich vor, dass statt der Unmengen von Garagen, die unseren öffentlichen Raum vor allem im Erdgeschossbereich verschandeln, Wohnraumerweiterungen oder kleine Apartments entstünden. Wohnungsnot wäre gemildert.
Der Planungsalltag erwischt uns immer wieder eiskalt. Auf der Suche nach einem beschaulichen Zuhause stießen Freunde auf ein „freistehendes EFH“, das mitnichten freistand, sondern rechterhand einen Garagenanbau bis zur Grundstücksgrenze aufwies, der an den Garagenanbau des Nachbarhauses anschloss. Prima, dachten sie. Die Garage ließe sich dem Wohnraum im Erdgeschoss zuschlagen, etwa als großzügige Diele mit Vorratskammer. Weit gefehlt! Eine irrwitzige Regelung besagt, dass nur Garagen bis zur Grundstücksgrenze erlaubt sind – alle anderen Nutzungen nicht.
Es geht ja nicht darum, die Grenzabstände gesetzlich zu kassieren. Aber wenn die Garagen nun einmal stehen? In Zeiten allfälliger Wohnungsnot kann es doch nicht sein, dass auch dort, wo eine Bewohnerschaft gar kein Auto will oder hat, eine Garage eine Garage bleiben muss. Die Nicht-Autobesitzer werden mehr und mehr, und wo sie im Sinne der Verkehrsvermeidung auch eine Feinstaub-, CO2– und Lärmvermeidung ermöglichen, macht ihnen gleich eine veraltete, unflexible Planungsvorschrift einen Strich durch die Rechnung.
Analog ließe sich die abstruse Stellplatzverordnung anprangern. Denn wo einst Vorgärten zur guten Stadt- oder Siedlungsluft beitrugen, außerdem dem Auge der Passanten eine abwechslungsreiche Freude bescherten, werden Flächen immer noch und immer mehr für Stellplätze versiegelt. Auch wenn man dezidiert keinen Stellplatz braucht, muss der Stellplatz nachgewiesen sein.
Nun hatte Gerhard Matzig in der Wochenend-Ausgabe 4./5. November 2017 der Süddeutschen Zeitung zwar ein Thema aufgegriffen, das seinen Kollegen Niklas Maak von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seit langer Zeit umtreibt: Mensch und Auto. Gerhard Matzig grenzte es auf die bildmächtige Wirkung der Inszenierung alter Autos vor neuen Häusern ein und beschränkte sich auf Argumente ästhetischer Relevanz. Das greift selbstverständlich zu kurz, wenn man bedenkt, um welche Neuausrichtung des öffentlichen Raumes es geht. Auch wenn die Vierräder schöner wären: Blech bleibt Blech. Und auch wenn Hörmann & Co. glauben, sich um die Verschönerung des Garagentors an sich kümmern zu müssen: So lange Garage Garage bleibt, ist nichts gewonnen.
War dieser Tage anlässlich seines 60-Jährigen wieder die Rede von Kosenamen für den Trabi (Gehhilfe, Rennpappe, Plastebomber) – die BMW-Isetta nannte man Knutschkugel oder Rennsemmel –, so könnten wir eines Tages vielleicht hübsche Spottnamen für Garagen notieren. Einstweilen müsste in den Koalitionsverhandlungen überlegt werden, wieviel Wohnraum in Deutschland durch die Umnutzung von Garagen geschaffen werden könnte. Leider sieht es nicht danach aus. Der Schwabe Cem Özdemir gab, so lesen wir, als Verhandler der Grünen das Ziel, Verbrennungsmotoren ab 2030 zu verbieten, genauso sang- und klanglos auf wie den dringend nötigen Abschied von Kohle als Energielieferant. So werden bis auf weiteres immer neue Garagen gebaut. Hoffentlich die Wohnungen von morgen.