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Andreas Grube ist Bezirksvorsitzender der Architektenkammer Karlsruhe/ Nordbaden – und wurde kürzlich von Architekturstudierenden zu den Aufgaben in der Kammer befragt. Um Nachwuchs im Architekturjournalismus zu fördern und weil die angesprochenen Themen relevant nicht nur für junge Architekt:innen sind, geben wir im folgenden ein Interview wieder, das im Seminar „Städtebauliche Typologien – Werkstatt Architektur-Journalismus: Wir schreiben über Architektur“ am KIT entstand und die Breite des Berufsbilds auslotet.

So geht es nicht: Ein schönes Wohnhaus aus den 1970er Jahren wurde abgerissen, jetzt entsteht ein Haus im Stil banaler, neuer „weißer Moderne“, natürlich mit Tiefgarage für noch mehr Autos. (Bild: Ursula Baus)

Andreas Grube

Andreas Grube, Bezirksvorsitzender der Architektenkammer Karlsruhe/ Nordbaden und Partner im Büro GJL+ Architekten. (Bild: Ulrich Coenen)

An der Architekturfakultät des KIT beschäftigen sich Studierende im Kontext der Stadtquartiersplanung mit Architekturjournalismus.1) Eine Aufgabe im letzten Semester bestand darin, ein Interview mit Andreas Grube zu führen – einem Amtsträger und praktizierenden Architekten. Die Studierenden hatten die Fragen an ihn gemeinsam vorbereitet und gemeinsam das Interview mit ihm geführt. Anschließend hat jeder Studierende ein Interview geschrieben – im folgenden das Interview von Johann Kuhn.

Weshalb sind Sie Mitglied der Architektenkammer geworden?

Grube: Um die Bauvorlageberechtigung zu erhalten, muss man Mitglied der Kammer werden. Irgendwann wird es jeder. Auch ich. Im Jahr 2001 habe ich mit meinem Architekturbüro GJL+ einen Wettbewerb der Architektenkammer Baden-Württemberg gewonnen und einen temporären Veranstaltungspavillon auf dem Karlsruher Schlossplatz errichten dürfen. Da waren wir noch jung, und die Verantwortlichen bei der Kammer meinten, es müsse „junges Blut“ in die Kammer.

Wie ging es weiter?

Im Folgejahr war ich Beisitzer und 2006 wurde mit 38 Jahren Vorsitzender der Kammergruppen. Ab diesem Zeitpunkt merkte ich: Wenn man sich nicht einmischt, dann wird man von den Dingen überrollt. Sich einzubringen und eine Position in der Kammer zu bekleiden, brachte mich einen Schritt weiter, eine Haltung zu entwickeln. Man darf sich jedoch keiner Illusion hingeben, dass alles von heute auf morgen passieren wird. Es sind zum Teil langwierige Prozesse, die erst initiiert werden müssen. Es sind die kleinen Erfolge.

Jetzt wo Sie Entscheidungsträger sind, haben Sie das Gefühl, die Branche aktiv zu beeinflussen?

Als ich damals für die Wahlen 2006 kandidiert habe, war der Kammerbezirk in der Karlsruher Hirschstraße, fünfter Stock über einem Friseursalon, vertreten. Keiner wusste, wo wir zu finden waren, und es hieß im übertragenen Sinne „Irgendwann gibt es mal ein Klingelschild“. Ich sagte: „Das geht so nicht. Wir müssen etwas initiieren, wir müssen etwas schaffen!“.

Architektur im Schaufenster

Was haben Sie unternommen?

Wir sind dann mit der Idee angetreten, öffentlicher zu werden und auch öffentlicher wahrgenommen zu werden. In diesem Zuge ist das Architekturschaufenster gegründet worden. Durch die Unterstützung der Landeskammer und öffentliche Mittel bekamen wir die Räume in der Waldstraße, wo heute im vorderen Bereich die Ausstellungs- und Seminarflächen sind und im hinteren Bereich die Bezirksgeschäftsstelle zu finden ist.

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Das „Architekturschaufenster“ in Karlsruhe, Hirschstraße. (Bild: Schneider-Hoffmann)

War das für Sie ein entscheidender Schritt?

Ich sage es offen. Hätten wir das damals nicht bekommen und hätten wir es nicht geschafft zu überzeugen, wäre ich nach vier Jahren Amtszeit raus gewesen. Das Architekturschaufenster gibt es nach wie vor. Es ist gut bespielt, wird wahrgenommen und hat Relevanz für die interessierte Stadtgesellschaft.

Architekten als Drittschuldner?

Nennen Sie ein weiteres Beispiel für Ihre erfolgreiche Arbeit.

Als Architekten haben wir das Problem, dass wir als Drittschuldner haftbar gemacht werden können. Wenn beispielsweise ein am Bau Beteiligter in Insolvenz geht, kann sich der Geschädigte an unserem Berufstand schadlos halten. 2008 haben wir einen Antrag gestellt, dass dieses System der drittschuldnerischen Haftung nicht gerecht ist und aufgebrochen werden muss. Nach zehn bis zwölf Jahren Bearbeitung wurde das neue Bauvertragsrecht vorgestellt, welches nun einen neuen Passus enthält. Der zeigt Möglichkeiten auf, wie unter vertragskonformen Bedingungen dies zumindest ein Stück weit abgefedert werden kann.

Sie sind sachkundiger Bürger im Planungsausschuss der Stadt Karlsruhe. Wie bringen Sie sich dort ein?

Urspünglich waren wir bei jeder Planungsausschuss-Sitzung dabei, doch mit dem Amtsantritt des neuen Baubürgermeisters wurde unser permanenter Sitz gestrichen. Das finde ich sehr schade. Nun werden wir nur noch zu speziellen Fragen eingeladen, aber nicht mehr zu Themen wie dem Ausbau der Fahrradwege oder Straßen.

Wie läuft das ab?

Vor einem Planungsausschuss bekommen wir im Vorfeld die Sitzungsunterlagen und können diese im kleinen Kreis, in der Regel dem des Kammervorstands, besprechen und haben die Gelegenheit, über das Wochenende Stellungnahmen zu verfassen. Wir haben gemerkt, dass es bei Abstimmungen sehr hilfreich war und die Entscheidungen über die Haltung mitgetragen wurde. Das war gut.

Wieso lädt die Stadt Sie nicht mehr zu allen Sitzungen des Planungsausschusses ein?

Man hat es mit Effizienzgründen begründet.

Die Sachkunde behindert die Effizienz?

Möglicherweise. Ja. Leider! Es war früher Usus. Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) hatte einen Sitz, wir als Kammer hatten einen Sitz – und jetzt kommen wir nur noch sporadisch dazu. Das ist die große Politik!

Wo sehen sie ihre Rolle als Vorsitzender des Kammerbezirks, und was sind Ihre Ziele?

Der Bezirk umfasst neun Kammergruppen, von Heidelberg und Mannheim bis hoch nach Freudenstadt und Calw. Das ist ein großes Gebiet, analog zum Regierungsbezirk.
In der Kammerarbeit haben wir Schwerpunkte, die sich im Wesentlichen auf aktuelle Themen beziehen. So haben wir wegen der Wohnungsnot eine „Taskforce“ gegründet und die Landesregierung beraten.

Und immer wieder: die Landesbauordnungen

Was bewegt Sie aktuell?

Ein aktuelles Thema ist die Novellierung der Landesbauordnung (LBO), zu der wir eine Stellungnahme abgeben. Wir wollen nicht nur die Sicht der Kammer einfließen lassen, sondern es ist uns vor allem ein Anliegen, dass wir die Sicht der Architekten in diese LBO mit einbringen können.

Ein Gruselbuch: Die Landesbauordnungen verdrießen alle, die mit ihr zu tun haben. Wie lässt sich deutsche Baubürokratie entschlacken?

Ein Gruselbuch: Die Landesbauordnungen verdrießen alle, die mit ihr zu tun haben. Wie lässt sich deutsche Baubürokratie entschlacken und mit Hinwendung zum Bestand aktualisieren?

Wie läuft es?

Wir verzweifeln förmlich. Das sage ich ganz offen.  Vom Bauministerium werden Umbaupreise ausgelobt – zum Beispiel zu Transformationen von Gebäuden, zur Erhaltung von Bausubstanz et cetera. Doch zu diesen Themen findet man bisher in der LBO nicht einen Satz. Wir haben viele Impulse und Texte erarbeitet und zur Verfügung gestellt, um eine so genannte Umbauordnung zu verankern. Diese Bemühungen negieren die zuständigen Behörden jedoch.

Wie sollte eine Novellierung der LBO nach Ihrer Meinung aussehen?

Die LBO muss einfacher und pragmatischer werden und sich an den heutigen Themen orientieren. Aus unserer Sicht kann man nicht nur auf den klassischen Neubau eingehen. Die Frage wie wir mit dem Gebäudebestand umgehen sollen, fehlt zum Beispiel komplett. Das ist ein Punkt, an dem wir massiv arbeiten. Ob das fruchtet? Wir wissen es nicht. Zum letzten Sommerempfang war die Bauministerin da und hat groß geredet. Wir hatten angeregt, solche Themen einzubringen, doch solche Anregungen verschwinden in irgendeiner Schublade. Das ist wirklich frustrierend.


1)   Dozent ist Ulrich Coenen. Die zwölf SeminarteilnehmerInnen recherchieren unter Anleitung und verfassen Beiträge über Architektur, Stadtplanung und Denkmalpflege. Dabei werden die journalistischen Darstellungsformen Interview, Architekturkritik, Bericht, Reportage, Kommentar und Fachbuchbesprechung geübt. Infos zum Seminar (unter Lehre): www.ulrichcoenen.de