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2005_REZ_HabermannIn Zeiten, in denen Nationalismen und Traditionalismen frühliche Urständ‘ feiern, ist man gut beraten, Geschichtswissen zu aktivieren. Anhand Baseler Architekturgeschichte zeigt eine Buchtrilogie, dass gerade Architektur nie eine in Grenzen zu denkende Kulturdisziplin gewesen ist.

Rose-Marie Schulz-Rehberg: Architekten von der Gotik bis zum Barock – Bauen in Basel 1280-1780. Christoph Merian Verlag, Basel 2019, 38 Euro.

Nach den bekannten und erfolgreichen Bänden „Architekten des Klassizismus und Historismus“ und „Architekten des Fin de Siècle“ ist mit dem nun vorliegenden Titel die Trilogie der Architekturgeschichte Basels komplett. Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass die Phase von der Gotik bis zum Barock zum Schluss der Reihe erscheint. Die Autorin hat sich in ihren ersten beiden Bücher „warmgeschrieben“, um sich schließlich gerade bezüglich der Quellenlage in zunehmend schwierigeres Terrain vorzuwagen.

Es ist ihr auch im vorliegenden Band tatsächlich gelungen, am Prinzip ihrer personenbasierten Geschichtsschreibung festzuhalten. Mit Meister Ludwig, dem ersten namentlich bekannten Architekten der Gotik, startet der Reigen der in Basel tätigen Baufachleute. Als Steinmetze ausgebildet, begaben sich diese auf Reisen, um ihre konstruktiven wie bildhauerischen Fähigkeiten von Station zu Station auszubauen. Meister Ludwig war vor seiner Arbeit am Baseler Münster am Münster in Konstanz tätig, um dann seine weiteren Spuren am Regensburger Dom zu hinterlassen. Daniel Heintz, ein Architekt aus der Lombardei, kann sich als Baumeister der Renaissance bei seiner Entwurfsarbeit bereits auf das Architekturtraktat von Sebastiano Serlio stützen. Die Belege dazu sind eindeutig. Seine Bauaufgaben sind Rathäuser, Zunfthäuser und Stadtpalais für wohlhabende Bürger. Erst am Ende seiner Laufbahn erhält er auch Aufträge im Sakralbau.

2005_REZ_Basel_innen

Namhafte Kunsthistoriker sind an diesen „kriminalistischen“ Recherchen beteiligt. Die eruierten baulichen Indizien werden Kapitel begleitend mit qualitätvollen Aufnahmen dokumentiert. Allfällige Fußnoten findet man sofort in der Marginalspalte neben dem Haupttext. Grundrisszeichnungen verdeutlichen den baulichen Kontext. Auch im dritten Band wird die außergewöhnlich hohe Darstellungsqualität beibehalten.

Entwurf Serlios und Ausführung

Serlio: Traktat und bauliche Umsetzung

Bauen in Europa

Was die Buchreihe über Basel hinaus interessant macht ist die Tatsache, dass gerade in der Szene der Dombauhütten zu einem frühen Zeitpunkt bereits auf europäischer Ebene ein reger Austausch der hochqualifizierten Fachleute statt fand. Die großen Städte warben sich die Stars bereits gegenseitig ab, erst im kirchlichen und adeligen, später auch im bürgerlichen Milieu. Die dabei feststellbare kontinuierliche Entwicklung der Bautechnik über die Stilepochen von Gotik, Renaissance und Barock hinweg ist hier sehr gut beschrieben und nachvollziehbar. Die daran beteiligten Personen werden fassbar und erhalten endlich einen Namen. Es macht nicht zuletzt auch Spaß, in einem Architekturführer dieser Art zu schmökern.