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Jahrestage – My Bauhaus


1805_REZ_My_BauhausNein, es geht nicht um Uwe Johnson. Das Bauhausjubiläum steht im Kalender, und wer in der Architektur etwas zu sagen hat, darf das Centennial nicht ignorieren. Glückwunsch, liebes Bauhaus!

Sandra Hofmeister (Hrsg.): My Bauhaus / Mein Bauhaus. Text deutsch/englisch, 240 Seiten, zahlreiche Abb., ISBN 978-3-95553-451-6,
29,90€

Das Instrument hat sich bewährt. Wenn sich eine Person des öffentlichen Lebens einem rundem Geburtstag nähert, eine Auszeichnung erhalten soll oder den Ruhestand vor Augen hat, dann ehrt man sie mit einer Festschrift. Am einfachsten ist es, ehemalige Kollegen, Freunde und andere Weggefährten des Jubilars zu einem Gastbeitrag aufzufordern, das spart gleichzeitig das Honorar, da die Autoren ihren Text sozusagen als Geschenk überreichen.
1805_REZ_Bauhaus_2Im vorliegenden Fall geht es um keinen Menschen, sondern um eine Idee, ein Prinzip, eine Schule und drei Orte – Weimar, Dessau, Berlin: Das Bauhaus begeht 2019 den 100. Jahrestag seiner Gründung. Aus diesem Anlass hat DETAIL ein „Geburtstagsalbum“ aufgelegt, für das 100 Architekten eine Grußbotschaft verfassen sollten, mit der sie mitteilen, welche Relevanz das Bauhaus für die gegenwärtige Architektur besitzt.
Wer einmal selbst zu so einem Gastbeitrag aufgefordert wurde, erinnert sich, dass er sich in der Regel nicht gerade mit der Person oder dem Anlass beschäftigt hatte und auch nicht unbedingt für einen Experten hielt. Diesen hundert Autoren ging es wohl nicht anders. Chapeau! wen die Herausgeberin „von Shanghai bis Los Angeles und São Paulo bis Stuttgart“ gewinnen konnte. Auf einige Wortmeldungen ist man gespannt, andere Namen hat man noch nie gehört. Aber kein Mensch (außer ein paar Rezensenten) wird das Buch von vorne bis hinten mit allen Texten nacheinander lesen. Eine schöne Seminaraufgabe wäre es, die semantischen Herangehensweisen zu analysieren. Inhaltlich gibt es die Exegese, die noch einmal knapp zusammenfasst, was sich da vor einem Jahrhundert ereignet hat; die Hagiographie, die das Ereignis heilsgeschichtlich rubriziert; das Marketing, das die eigene Arbeit als Fortsetzung der Bauhausideale preist; die Genealogie, die sich auf den Unterricht bei Absolventen beruft oder sogar die Meister selbst, die im Elternhaus ein- und ausgingen. Und die Verweigerung. Wer nur mal hineinschmökern will, sollte lesen, was Kempe Thill, Landau, Lederer, Nagler und Hild und K. ätzen! Zufall, dass sie alle aus Deutschland kommen?
1805_REZ_Bauhaus_1Die unterschiedlichen Textlängen werden durch die wechselnde Größe der fetten Typographie ausgeglichen. Der schwarze Einband mit den rot-gelb-blauen Rändern erinnert an Mondrian (von dem eine Schrift in deutscher Übersetzung als Bauhausbuch Nr. 5 erschienen ist), das Papier stammt aus der Kollektion „Gmund Bauhaus Dessau“. Es wurde an alles gedacht. Schönes Mitbringsel.

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