Mit der östlichen Domumgebung hat Köln einen wichtigen Schritt getan, an zentraler Stelle aus einer unwirtlichen Situation öffentlichen Raum zu machen. Es war in den letzten Jahren nicht der einzige Glücksfall dieser Art – das belegt das Ergebnis des Deutschen Landschaftsarchitekturpreises. Drei Mal ging eine der zehn Auszeichnungen nach Köln. Und wenn wir schon über Köln reden, wollen wir Ihnen auch gleich noch eine Ausstellung ans Herz legen.
Verlässt man heute den Kölner Hauptbahnhof, betritt man einen Platz, von dem aus man über eine breit angelegte Treppenanlage zur Domplatte kommt. Diese Domplatte entstand von 1968 bis 1970 und war ein Kind ihrer Zeit: Als Fußgängerzone war sie gleichzeitig Element der autogerechten Stadt – der Verkehr floss unter der Platte, man sieht es auf Fotos des alten Zustands. 2006 ist sie neu gestaltet worden. Unberührt von den Verbesserungen blieb der Bereich im Osten des Doms. Das frühchristliche Baptisterium war mit der Domplatte verschluckt worden, unübersichtliche Ecken und Tunnelzufahrten machten diesen Teil der Domumgebung zu einem unwirtlichen Raum. In einem Workshopverfahren hatte die Stadt nach der Jahrtausendwende dieses Problem in Angriff genommen, Allmann Sattler Wappner Architekten aus München hatten schließlich mit ihrem Vorschlag überzeugt, der nun umgesetzt wurde – und so selbstverständlich wirkt, dass man sich fragt, was denn das Problem gewesen ist. (Auf den Seiten der Stadt Köln findet man Bilder, die die alte Situation zeigen >>> ) Es ist einiges mehr getan worden, als man vermutet: Teile der alten Plattform wurden abgerissen, so dass mehr Licht auf die untere Ebene fällt, auf der die Straße verläuft. Die unter dem Museum Ludwig durchführende Straße wurde von vier auf zwei Spuren reduziert, die Fußwege hat man verbreitert, den Tunnel mit weißen Oberflächen und durch eine neue Beleuchtung auch für Radfahrer und Fußgänger akzeptabel gemacht. Eine Treppe auf der einen Straßenseite führt nun direkt zum Museum Ludwig, auf der anderen akzentuiert eine lang geschwungene Treppe den Höhenversprung des Domsockels. Eine klare Kante, bekleidet mit Nagelfluh, setzt den Dom in Szene. Ein kleiner Platz mit Brunnen liegt vor dem neu gestalteten Zugang zum Baptisterium, tiefe Ausstellungsvitrinen der Dombauhütte und des Römisch-Germanischen Museums auf der einen, eine Medienwand des Museums Ludwig auf der anderen Seite werten den nun deutlich kürzeren Tunnel zusätzlich auf. (Einen vertiefenden Beitrag zur neuen Domumgebung hat die Kölnerin Uta Winterhager verfasst >>> )
Die Neugestaltung des südlich des Tunnels angrenzende Kurt-Hackenberg-Platzes wird nun als nächstes in Angriff genommen; hier hat man sich, ebenfalls in einem Workshopverfahren, auf den Entwurf von Günther Vogt Landschaftsarchitekten (Zürich) verständigt, der einen mit Bäumen bepflanzten „Stadtgarten“ vorgeschlagen hat.
Deutscher Landschaftsarchitekturpreis:
Köln sahnt ab
Auch an anderen Stellen hat Köln in den letzten Jahren in die Verbesserung des öffentlichen Raums investiert – belohnt wurde man mit gleich drei Auszeichnungen beim kürzlich vergebenen Deutschen Landschaftsarchitekturpreis, neben den Auszeichnungen in den Kategorien „Licht im Freiraum“ und „Landschaftsarchitektur im Detail“ ging auch der Hauptpreis nach Köln: Er wurde für den Rheinboulevard in Deutz, auf der dem Dom gegenüberliegenden Rheinseite vergeben, Planorama Landschaftsarchitektur aus Berlin hatten sich 2007 in einem Wettbewerb mit ihrem Vorschlag durchgesetzt.
Auch hier fragt man sich, wo bislang das Problem gewesen ist, dass man das der Abendsonne zugewandte Ufer des Rheins an dieser Stelle noch nicht aktiviert hatte – allein die weniger geachtete „Schäl Sick“ kann es, sollte es nicht gewesen sein.
Möglicherweise war es der Aufwand, der für die Fassung des steilen Ufers getrieben werden musste, immerhin mussten etwa 24 Millionen Euro dafür in die Hand genommen werden.
Gefördert wurde dieses Projekt im Rahmen der Regionale 2010, die die Stadtentwicklung beiderseits des Rheins voranbringen sollte. Eine etwa 500 Meter lange Treppen- und Terrassenanlage lädt nun (endlich) dazu ein, die Sonne und das Stadtpanorame mit Dom direkt am Wasser zu genießen. Der Rheinboulevard reicht von der Hohenzollern- bis zur Deutzerbrücke. Etwa sechs Meter Höhendifferenz liegen zwischen oberster und unterster Ebene, sie wird mit Stufen aus beige eingefärbtem Beton überbrückt. Böschungsmauern, mit Basalt verkleidet, strukturieren die lang gestreckte Anlage, sie sorgen für kleine Platzflächen. Die bei den Bauarbeiten entdeckten Reste eines römischen Kastells wurden aufgenommen und sind wieder unter der Oberfläche verschwunden – lediglich der Turm des Kastells ist durch einen in die Anlage eingeschnittenen Zylinder kenntlich gemacht, gesandstrahlte Markierungen geben sehr dezent die Lage des Kastells wieder.
(Wer etwas weiter nach Norden geht, findet dort das Park-Café im Rheinpark auf dem Bundesgartenschaugelände von 1957, für dessen qualitätsvolle denkmalgerechte Sanierung sich die Initiative „perle sucht dame“ seit 2013 engagiert >>>)
Schon etwas älter als der im letzten Jahr eröffnete Rheinboulevard (die Treppenanalage konnte schon ein Jahr früher genutzt worden) sind die beiden Projekte, die ebenfalls einen Preis erhielten: Nur wenige Meter entfernt liegt der Vorplatz des Bahnhofs Köln-Deutz; der von bbzl landschaftsarchitekten entworfene Platz erhielt den Preis in der Kategorie „Landschaftsarchitektur im Detail“. Der Deutzer Bahnhof ist bedeutender, als man es ihm bis vor Kurzem ansah; er ist Messebahnhof und ICE-Halt, in geringer Entfernung liegt außerdem eine Veranstaltungshalle, in der Handball- und Eishockey-Bundeliga gespielt wird und in der große Konzerte stattfinden. Der 1913 eröffnete Bahnhofsplatz hatte durch die Änderungen der Nachkriegszeit und die Verkehrsführung stark gelitten; er stellte kein würdiges Stadtentrée mehr dar, die typische Geste des Historismus aus symmetrischen Rampen und einer mittigen Treppe war durch die Straßenführung ad absurdum geführt worden. Mit dem neuen, großzügigen (und autofreien) Vorplatz kann davon keine Rede mehr sein. Eine angenehm ruhige, durch große Bänke rhythmisierte Fläche aus verschiedenfarbigem Muschelkalk ist angenehm zurückhaltend mit wenigen Bäumen bepflanzt, wenige Stufen grenzen zur Straße ab, die historische Treppenanlage mit den Rampen erhält mit dem neuen Platz wieder den Rahmen, den sie benötigt, ohne dass dieser es auch nur andeutungsweise nötig hätte, sich historisierend zu geben.
In der Innenstadt, nahe dem Museum Kolumba, liegt schließlich der in der Kategorie „Licht im Freiraum“ ausgezeichnete L.-Fritz-Gruber-Platz. Der Namensgeber des Platzes war Gründer der Photokina. Daraus leiteten die Planer von scape Landschaftsarchitekten die Gestaltung des Platzes ab: Wie eine ebenerdige Bühne ist – durch weiße Betonplatten gekennzeichnet – eine weiße Fläche des Formats 6:9 auf dem Platz ausgelegt, am Rand sind Sitzbänke angeordnet, auch sie aus weißem Beton. Proportionen des Kleinbildformats, das weiße Papier, auf dem das Bild entsteht – und schließlich eine zentrale in einer Kugel eingefasst Leuchte, die bei Dunkelheit alles, was auf dem Platz geschieht, als Inszenierung, als bewegtes Bild erscheinen lässt. Aber auch bei Tag ist das in den trapezförmigen Platz eingelassene weiße Rechteck stark genug, die Fläche als eine besondere zu verstehen, als einen Ort, an dem sich die Bewohner der Stadt voreinander zeigen.
Eine überfällige Wiederentdeckung
Am Rande des L.Fritz-Gruber-Platzes ist ein Zitat von Man Ray eingelassen: „Alles kann durch Licht verändert, deformiert oder eliminiert werden. Es ist genauso geschmeidig wie ein Pinsel.“ Womit wir bei der Fotografie und damit bei einer letzten Empfehlung wären, die an dieser Stelle ausgesprochen werden soll. Im Mediapark ist im Haus der SK Kulturstiftung in der Photografischen Sammlung eine etwa 200 Bilder umfassende Schau des Fotografen Emil Otto Hoppé zu sehen. Der Fotograf, der in München geboren wurde, aber weltweit tätig war, hatte sich zunächst als Portraitfotograf einen Namen gemacht, dann aber die Industrie als Motiv entdeckt. Zu Lebzeiten genoss er einen ausgezeichneten Ruf, dann wurde es still um ihn; erst in den letzten Jahren beginnt man, sein Werk wieder zu rezipieren. Die Ausstellung zeigt, dass sein kompositorischer Erfindungsreichtum, die enorme Vielfalt der Bildsprache auf höchstem Niveau auch im Umgang mit verschiedenen Sujets diese Wiederentdeckung mehr als rechtfertigt. Ob die Bilder Frauen in der Arbeitswelt zeigen, ob Maschinen und Maschinenteile wie Drahtspulen oder Propeller als Einzelobjekte inszeniert werden, ob Schornsteine als grafische Chiffren ins Bild gesetzt werden, ob harte oder weiche Kontraste, ob Gesamtansichten einer Fabrik oder der stark angeschnittene Ausschnitt – Hoppé erweist sich stets als ein Virtuose seines Fachs. Zeitepoche und Fotografiegeschichte werden, ergänzt um Bilder aus der Sammlung des Ausstellungsinstituts, mit dieser Übersichtsschau gleichermaßen präsentiert – noch bis zum 30. Juli.
Domumgebung Köln
Bauherr: Stadt Köln
Architekten: Allmann Sattler Wappner Architekten, München
Team Realisierung: Frank Karlheim (Projektmanager), Julia Behm; seit 2013 Rouven Würfel (Projektmanager), Marion Bruns, Johannes Sailer
Team Wettbewerb: Frank Karlheim (Projektmanager), Hana Asaleh, Julia Behm, Fabian Getto, Thorsten Overberg, Manuel Riavez, Olga Ritter, Alex Wagner
Tragwerksplanung, Bauleitung: Pirlet & Partner Baukonstruktion, Ingenieurgesellschaft mbH, Köln
Freiflächenplanung: t17 Landschaftsarchitekten, München
Rheinboulevard, Köln-Deutz
Landschaftsarchitektur:
Maik Böhmer, Planorama Landschaftsarchitektur
Auftraggeber/Bauherr: Stadt Köln – Amt für Landschaftspflege und Grünflächen
Planungs-/Baukosten: 24 Mio. Euro
Ottoplatz, Köln-Deutz
Landschaftsarchitektur:
bbzl böhm benfer zahiri landschaften städtebau
Auftraggeber/Bauherr: Stadt Köln, Amt für Straßen und Verkehrstechnik
Verkehrsplanung:
ISAPLAN Ingenieur GmbH, Leverkusen
Planungs- / Baukosten: 1,9 Mio. EUR
L.-Fritz-Gruber-Platz, Köln
Bauherr: Stadt Köln
Landschaftsarchitektur:
Hiltrud M. Lintel, scape Landschaftsarchitekten GmbH
Weitere Entwurfsverfasser: Prof. Rainer Sachse, Matthias Funk
Lichtplanung: Burkhard Wand, Burkhard Wand Lichtplanung
Planungs- und Baukosten: 570.000 Euro