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Für alle Fälle


Metall ist ein Werkstoff, der spät seinen Weg an die Fassaden fand. Frühe Beispiele datieren aus dem späten 19. Jahrhundert, doch eigentlich ist es ein Fassadenmaterial der Nachkriegsmoderne – das bis heute aktuell und beliebt geblieben ist, eignet es sich doch für eine ganze Palette von Bauaufgaben und Funktionen: Auf der Bühne der Architektur sind die Metalle die Schauspieler mit der höchsten Verwandlungsfähigkeit. Wir zeigen Beispiel aus Heilbronn, Essen, Waiblingen und Mainz
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Blick aus Osten auf den Neubau, es ist die Ansicht, die sich zum Bahnhofs Sülmertor zeigt. Bild: Brigida González

Büro- und Werkstattgebäude in Heilbronn

2019 wird für Heilbronn eine wichtiges Jahr: Mit der Bundesgartenschau wird der in den letzten Jahren vorangetriebene Stadtumbau einem breiten Publikum präsentiert. Das Hauptareal ist noch eine Baustelle, aber die an das Gartenschaugelände angrenzenden Areale wurden bereites aufgewertet und umgebaut. Dazu gehört unter anderem der neue Hochschulcampus zwischen Bahnhof, Innenstadt und Hafen. Der hat die Struktur des vormaligen Industriegebietes aufgenommen und verknüpft sich so auch mit dem Teil, der weiterhin für Gewerbe genutzt wird. Hier zeigt der im April eröffnete Neubau der Heilbronner Versorgungswerke, dass auch im Industriegebiet selbst gute Architektur entstehen kann. In einer Merhfachbeauftragung für diesen Neubau hatte sich das Stuttgarter Büro Petry und Wittfoth durchgesetzt.

In direkter Nachbarschaft zu einem Stadtteilbahnhof ist das fünfgeschossige Gebäude nicht nur neue Visitenkarte des Gebiets. 2200 Quadratmeter der insgesamt etwa 7500 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sind Büro- und Werkstatträumen vorbehalten, sie liegen in den oberen beiden Geschossen; darunter befinden sich auf drei Ebenen die Flächen für Betriebsfahrzeuge und Großgeräte. Der Neubau ist damit auch ein Beispiel für eine flächensparende Gewerbearchitektur – dass auch auf diesem Feld enorme Verdichtungspotenziale bestehen, wird leider zu oft außen vor gelassen. Energetisch sinnvoll und organisatorisch praktisch ist der mehrgeschossige Gewerbebau allemal.

Um die Tragstruktur aus einer Betonrahmenkonstruktion legt sich im Bereich von Parkflächen und Erschließung eine perforierte Hülle aus perlmausgrau pulverbeschichteten Aluminiumblechen; die Büroräume der oberen Gechosse sind verglast. Diese Fasadenkonstruktion wurde geschossweise gespannt und benötigt keine zusätzliche horizontale Unterkonstruktion. Durch das geschossweise Versetzen der Sicken um jeweils ein Segment werden die einzelnen Gebäudeebenen ablesbar und das Fassadenbild belebt.
Da der Lochungsanteil der Bleche bei etwa 50 Prozent liegt, können die Parkebenen natürlich be- und entlüftet werden. Der hohe Lochanteil erzeugt ein hohes Maß an Transparenz und Durchlässigkeit und macht aus dem Wechsel von den Glas- und Metallfassaden und dem im fünften Obergeschoss zu einem Riegel reduzierten Geschoss ein belebendes Changieren aus Volumen, Oberflächen und Lichtverhältnissen.


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Büro- und Werkstattgebäude der Heilbronner Versorgungs GmbH, Etzelstraße 1, 74076 Heilbronn
Bauherr
: Heilbronner Versorgungs GmbH, Heilbronn
Architekten: petry + wittfoht freie architekten bda

BGF: 8.140 Quadratmeter
Baukosten: 8.960.000,- € netto
Planung und Ausführung: 2015 – 2018
Statik: Knippers Helbig GmbH, Tübinger Str. 12-16, 70178 Stuttgart
Akustik und Bauphysik: Bobran Ingenieure Akustik und Bauphysik, Zur Uhlandshöhe 2, 70188 Stuttgart
HLS: Juppenplatz Ingenieure GmbH, Fenchelstraße 14, 70619 Stuttgart
Elektro: pbs Ingenieure, Wilhelm-Maier-Straße 10, 73257 Köngen
Brandschutz: LW Konzept, Breitscheidstraße 131a, 70176 Stuttgart

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Virtuose Kombination aus Stringenz und Abwechslung. Bild: ©krischerfotografie

Neubau der Folkwang Universität in Essen

Man ist von MGF Architekten formale Präzision bis ins Detail gewohnt. Das hat das Büro auch bei diesem Gebäude geliefert – und dabei das eigene Repertoire so variiert und erweitert, dass ein faszinierendes Gebäude entstanden ist. Am nordöstlichen Ende des Zeche Zollverein-Geländes führt der Neubau einen Teil der verstreut liegenden Einrichtungen der Folkwang Universität zusammen. In einer Achse spannt der Neubau das Gelände bis zum Würfel von SANAA auf, das sich weiter zur „Designstadt“ entwickeln soll.
2010 hatten MGF Architekten den Wettbewerb mit dem anschließenden Bieterverfahren für den Neuubau gewonnen, der im letzten Jahr fertiggestellt wurde.

Die klare Grundrissstruktur ordnet Werkstätten, Labore, Ateliers, Seminarräume und Büros an den Längsseiten, die Mittelflurzone nimmt Treppenhaus, Lichthöfe, Terrasse und kleinere Nebenräume auf, im Erdgeschoss sind die Räume untergebracht, die tiefer sein müssen. Als eine Reihe aneinander- und gegeneinander versetzter Kuben erzeugt diese einfache Struktur des Stahlskelettbaus innen wie außen eine räumliche Vielfalt, die verhindert, dass Klarheit in Rigidität umschlägt. Die aus Bändern von Glas und Metall gestaltete Fassade wird gleichfalls variiert, hier ist des die Fensterhöhe, die sich ändert.

Zwischen den Fensterbändern sind mit einem Fugenabstand von sechs Zentimeter bündig zu der äußeren Verglasungsebene  Platten aus feuerverzinktem Stahl vorgehängt, die den Bezug zur Geschichte des Ortes herstellen. Durch die große Fuge ergibt sich ein belebend irritierendes Bild der leicht wirkenden Vorhangfassade und den in der Tiefe geschichteten Fensterbänder. Sichtbar sind die Schrauben, mit denen Platten auf der Unterkonstruktion befestigt sind, die Schattierungen und Oberflächenstruktur des verzinkten Stahls gibt dem Haus zudem eine Rauheit, die gut zur Umgebung passt. Dank der Präzision der Verarbeitung lässt sich die Fassade als ein Kommentar zum Ort lesen, ohne sich der Anbiederung an die ruinöse Idylle der Zeche verdächtig zu machen.


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Folkwang Universität der Künste, Martin-Kremmer-Straße 21, 45327 Essen
Bauherr: Welterbe Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG, Essen
Architekten: MGF Architekten GmbH, Stuttgart, Armin Günster, Jan Kliebe, Daniela Grotz, Laura Klose
BGF: 18.900 Quadratmeter
BRI: 82.800 Kubikmeter
Fachplaner
:
msp Architekten, Dortmund
LWS Ingenieurgesellschaft für Tragwerksplanung mbH, Duisburg
Rache Engineering GmbH, Aachen
BSCON Brandschutzconsult GmbH, Essen
Förder Landschaftsarchitekten, Essen
THOR Bauphysik GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
Bauleitung: Freundlieb Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Dortmund (als GU)


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Bleibt bei allem Respekt vor dem Bebauungsplan eigensinnig. Bild: Brigida González

Wohnhaus in Waiblingen

Nicht nur für den Industriebau oder in der Umgebung einer industriegeschichtlich bedeutenden Umgebung ist Metall eine geeignete Alternative – das zeigt das Beispiel eines Einfamilienhauses, das im Großraum Stuttgart entstand. Hier wurde die Fläche, auf der einmal Mineralwasser verarbeitet wurde, zu einem Wohngebiet umgewidmet. Der Bebauungsplan sieht eine dichte Bebauung vor und macht dafür recht rigide Vorgaben. Aus ihnen wurde die Kubatur des Hauses entwickelt: Bebauung bis zur Nordgrenze; nach Westen, zur Straße hin, musste das oberste Geschoss zurückgesetzt werden. Außerdem stand ein Budget von 300.000 Euro netto für die Kostengruppen 300 und 400 zur Verfügung.

Die Architekten entwickelten daraus ein Konzept, das räumlich, atmosphärisch und mit der äußeren Erscheinung auf diesen Rahmenbedingungen aufbaut. Anders als die benachbarte Bebauung, die gängige Wärmedämmverbundsysteme zeigt, ist dieses Haus von einer dunkelgrauen Wellblechfassade eingehüllt. Vor einem Kalksandsteinmauerwerk, Mineralwolldämmung und einer 40 Millimeter starken Luftschicht wurde die Außenhaut mit Konsolen befestigt; für die Bekleidung wurde ein gängiges Wellblech Sinusprofil mit 18/76 Millimeter einer Stärke von 0,7 Millimeter gewählt. Das Haus erhält so eine stark blockhafte Kubatur, die der dichten Bebauung eine fast hermetische Erscheinung entgegensetzt.

Das Innere ist einfach und klar strukturiert – an der Nordseite sind Treppen und Nebenräume angeordnet, die Wohnräume öffnen sich nach Süden, Westen und Osten. Im von West nach Ost durchgehenden Wohn- und Essbereich des Erdgeschosses kann ein Teil über einen Vorhang als Arbeitsbereich abgetrennt werden; das offene Treppenhaus verbindet die Wohnbereiche der Obergeschosse miteinander. Oberflächen wurden teilweise roh belassen, so dass eine einfache, aber durchaus repräsentative Atmosphäre des veredelten Rohbaus geschaffen wurde, die wiederum angemessen das an der Fassade verwendet Material aufgreift.


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B16 – Einfamilienhaus, An den Remstal-Quellen, Waiblingen-Beinstein
Bauherr: Familie B., Stuttgart
Architektur: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart
BGF: 150 Quadratmeter
BRI: 450 Kubikmeter
Tragwerksplanung: Bernd Raff, Stuttgart
Bauphysik: Markus Killinger, Stuttgart

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Bild: Julian Andreas Schoyerer

Gebäude für einen Handwerkerbetrieb in Mainz

Die Firma Dachland ist ein Handwerkerbetrieb für Dachabdichtungen, Dachbegrünungen und Photovoltaik. Für die derzeit etwa 50 Mitarbeiter am Standort Mainz war ein neuer Firmensitz notwendig geworden. Den Wettbewerb, den die Firma dafür 2013 ausgelobt hatte, gewann das Büro Schoyerer Architekten_Syra. Sie haben einen die Funktionen übersichtlich ordnenden Komplex vorgeschlagen, der sich nach außen als kompakte Einheit präsentiert und mit einer einprägsamen, dynamischen Form die Firma wirkugsvoll in Szene setzt. Die dunkle Metallhaut verleiht dem Gebäude zusätzlich eine noble Präsenz.

Das Gebäude besteht aus einem einen offenen Betriebshof umschließenden, winkelförmigen Bauteil, an den sich nach Süden hin das Hauptgebäude anschließt, das in den Betriebshof hineinragt und einen Teil davon überdacht. Auch der Bereich über dem Haupteingang ist so vor Sonne und Regen geschützt. Im Erdgeschoss dieses Hauptgebäudes befinden sich Lager- und Werkstattbereiche. Hinter einem kleinen Eingangsfoyer führt die einläufige Treppe über die gesamte Gebäudebreite in die Höhe bis ins dritte Obergeschoss, in dem Büros, Besprechungs- und Konferenzräume liegen. Das Fensterband macht die Büroetage nach außen sichtbar, das Haus erinnert so entfernt an eine Kommandobrücke.

Eine Dachfläche reicht von den Lagerbereichen im Erdgeschoss bis zu diesem Bürogeschoss, so dass der Baukörper von der Straße aus eine überaus dynamische Erscheinung bekommt und das Gebäudeteil, dem sich dieser Handwerkerbetrieb widmet – dem Dach –, gebührende Präsenz verleiht. In diese Dachfläche ist im dritten Obergeschoss eine Terrasse eingeschnitten, für Besucher ist so ebenso wie von außen sichtbar, dass das Dach begrünt wurde – dies auch, um den Bezug zu den Freiflächen des noch wenig bebauten Gewerbegebiets herzustellen.
Die schnittige Form wird durch die Gebäudehülle aus dunklem, anthrazitfarbenem Trapezblech betont, das, obwohl ein für den Industriebau übliches Material, dazu beiträgt, das Gebäude als Fixpunkt im Niemandsland des erst vor wenigen Jahren ausgewiesenen Industriegebiets zu verankern. 


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Neubau Büro- und Lagergebäude, Athener Allee, Mainz-Hechtsheim
Bauherr: Dachland GmbH, Mainz
Architektur: Schoyerer Architekten_Syra, Mainz
BGF: 2600 Quadratmeter
BRI: 12.000 Kubikmeter
Generalunternehmer: Brömer & Sohn aus Wiesbaden