Endlich ein Fachbuch über das, was uns seit Jahrzehnten beschäftigt! Wir waren gespannt, ob wir etwas versäumt, übersehen, verdorben haben. Doch die hier versammelten Beiträge treffen inhaltlich nicht ins Schwarze, und einige sind auch nicht gerade mustergültig geschrieben.

Andreas Schümchen, Patrycja Muc (Hrsg.): Architekturjournalismus. Über Bauen und Planen berichten. 7/2025, 208 Seiten, kartoniert. Transcript Verlag, 2025, ISBN 978-3-8376-7522-1, 38 Euro
Die Zielgruppe: alle und niemand
Man muss den Buchtitel sachlich lesen und keine Erwartungen hineininterpretieren. Es geht weder um Architekturtheorie noch um Architekturkritik. Vielmehr handelt es sich um eine Exkursion in den journalistischen Themenpark, Abteilung Architektur, und dazu haben die Herausgeber/innen ein Mischbeet angelegt. Nach dem gleichen Muster über Vorkommen und Verbreitung dieser Mediengattung könnte man auch wahlweise zusammenstellen, wie sich Journalisten zu Gesundheit, Ernährung, Autofahren oder Mode äußern: in der Boulevard-Presse, in Illustrierten, Fachzeitschriften, Radio, Fernsehen, Podcasts. Kommunikation wächst inzwischen wie Unkraut. Und dafür bietet diese Publikation gleich ein weiteres Beispiel: Es bleibt rätselhaft, welche Zielgruppe damit erreicht werden und was sie mit der Lektüre anfangen soll.
Wissenschaft?
Die Beiträge sind unterschiedlich verfasst, mal gibt es solide Quellenangaben zu Verweisen, mal sollen wir uns auf das Bauchgefühl der Autoren verlassen. Dafür muss dann der akademische Titel der Zitierten bürgen. Überhaupt bemüht sich die mit zarter Typografie gesetzte Veröffentlichung als wissenschaftlich wirkende Disputation, aber damit kommt sie der Auseinandersetzung mit der Architektur nicht auf die Schliche. Es bleibt eine Beobachtung der Oberfläche. Erhellend wäre es etwa gewesen, hätte man sich mit den von verschiedenen Autoren für unterschiedliche Medien verfassten Texten zum gleichen Bauwerk auseinandergesetzt, um die Qualität des Architekturjournalismus zu illustrieren. Völlig ausgeblendet bleiben auch die Produktionsbedingungen in den Redaktionen. Die Geschäftsführer in den Verlagen belehren ihre hochmögenden Chefredakteure gerne, dass es einen Leser- und einen Anzeigenmarkt gebe und sie für den wirtschaftlichen Erfolg in beiden verantwortlich seien. Diese Krämerweisheit will man zwar nicht goutieren, aber man kommt an ihr auch nicht vorbei. Der Kollege Benedikt Kraft von der DBZ hat das wohl bestens begriffen und teilt uns mit, dass Chefredakteure bei Fachtiteln keine Journalisten mehr seien, sondern: „sie vertreten die Marke im Markt, sind Ankerpunkt für Marketingkampagnen der Kunden und Verlage.“ Ja, Vertreter wäre wohl die passende Berufsbezeichnung für einen Verfasser, der so einen Text aus seinem Musterkoffer holt.
Nichts gelernt
Dazu passt der Hinweis von Niklas Maak auf die „Verwüstung“, die Unternehmensberater in den Verlagen anrichten, weil sie weder die Zielgruppe noch die Zeitschrift kennen, deren Redaktion sie coachen sollen. So eine Erfahrung kann den Betroffenen lange Zeit das Leben vergällen. Widersprechen muss ich allerdings Maaks Aussage, dass die schreibenden Kolleginnen und Kollegen alle aus der Kunsthistoriker- oder Architekturumgebung stammen. Ich kenne bestimmt zwei Dutzend von ihnen – sogar auf den Chefsesseln der Fachpresse –, die in ihrer Ausbildung weder eine Architekturfakultät noch ein Planungsbüro von innen gesehen haben. Bei ihnen reichte wohl ein Bausparvertrag als Qualifikationsnachweis.
Ich erinnere mich gerne an einen Verlagsleiter, der mir einmal sagte: Ich muss Ihre Arbeit nicht verstehen, und Sie nicht meine. Zusammen können wir den Job sicher gut hinbekommen. Diese interessierte Distanz hat mich zum Durchhalten ermuntert.
Reden, oder was
Denn was bedeutet Architekturjournalismus? „Wer anfängt, Architektur zu studieren, hat in der Regel keine Vorstellung davon, dass es am Ende um Kommunikation geht,“ klärt uns der Architektur-Medien-Manager Jan Krause auf. Wenn das aber bereits ein wesentlicher Beitrag zur Kommunikation ist, was bedeutet dann der mit dem Planen und Bauen befasste Journalismus? Liefert er eine weitere Steigerung – oder hebt sich das dann auf? Tatsächlich beweist sein nachfolgender Text, dass Kommunikation das ist, was wir schon immer wussten, aber es bisher nicht zuzugeben trauten.
Zurück auf Null
Wie man guten Architekturjournalismus leistet und seine Produkte gewinnbringend verbreitet, darüber erfahren wir nichts in diesem Buch. Vielleicht hilft es Schulabsolventen darin herumzulesen, wenn sie sich mit ihrer Berufswahl unschlüssig sind. Entweder sind sie dann abgeschreckt oder sehen, dass es noch viel zu tun gibt.
