Donald Trump spricht unentwegt vom Deal, den er mit Menschen, Unternehmen, Staaten macht und gibt damit die Richtung der Weltpolitik vor. Ein „Dealer“ hat hierzulande jedoch einen schlechten, mit krimineller Energie verbundenen Ruf, weil er Drogen und Übleres mit immensen Gewinnen verkauft. „Dealen“ in der Politik? Es geht überall um Geld – der Staat ist aber kein Unternehmen. Er muss Geld von allen an alle verteilen. Nach Kriterien, die keinem „Deal“ entsprechen dürfen. Dass es hierzulande doch so kommt, ist die eigentliche „Zeitenwende“ im Staatssystem, für die in dieser Bundestagswahl Weichen gestellt werden.
In den jüngsten Debatten des politischen Spitzenpersonals wurden alle, leider auch von Medien unzureichend benannten Themen mit ihrer Finanzierung verknüpft – als lebten wir in einem Land, das durch und durch von Armut geplagt sei. Es zerlegt sich in Verteilungskämpfen selbst. Die Szenarien: Den BürgerInnen werde alles Geld aus der Tasche gezogen, bis sie bettelarm sind. Finanzielle Belastungen etwa aus der ökologisch notwendigen Umstrukturierung des Landes trieben ein Unternehmen nach dem andern in den Ruin. Stimmt – fast – alles nicht. Aber gerade Parteien, die „Wohlstand“ und „Sicherheit“ versprechen, schüren mit solchen Szenarien Ängste, und mit Ängsten wird unzulängliche Politik gemacht. Das ist absolut nichts Neues, funktioniert aber leider immer wieder und kristallisierte sich im aktuellen Wahlkampf in erbitterten und teils abstrusen Diskussionen zur „Schuldenbremse“.
Dass hierzulande rasch ein Verelendungsgeschrei anhebt, wenn politische Entscheidungen mit Finanzierungsfragen konnotiert sind, prägt den nun endenden Wahlkampf – allerdings nicht nur ihn. Derweil wird in keinem einzigen Parteiprogramm 2025 an Grundfesten gerüttelt, die wohlfeile Finanzierungsquellen erkennen lassen, Finanzierungsmodelle und Wertschöpfungsketten von Bauinvestitionen hinterfragen, Stadt- und Bauentwicklungen anders priorisieren als mit Spareffekten einerseits (Bauen ist zu teuer), Gewinnoptionen andererseits (Die Mieten sind zu hoch).
Geld – die Quellen
Addiert man die angstschürenden „Finanzierungslücken“, ergeben sich Milliardenbeträge. Gerade die kaputte Infrastruktur mit löchrigen Straßen, zerrütteter Bahn und einstürzenden Brücken ist vor allem marodiert, weil sie kaputtgespart worden ist. Mit immensen Folgekosten, vom wirtschaftlich langfristigen Schaden der gesamtgesellschaftlichen Disfunktionalität ganz zu schweigen, die eine Konsequenz dieser Unterfinanzierung ist.
Es ließen sich nun auch abseits des fiktiv beschworenen Wirtschaftswachstums Geldquellen in Deutschland erschließen, die erhebliche finanzielle Spielräume öffneten. Wovon in allen Parteiprogrammen leider kaum die Rede ist. Zu diesem Thema arbeiten die Deutsche Steuergewerkschaft oder die Hans Boeckler Stiftung und viele andere, die den ehrenwerten öffentlichen Behörden neutral zur Seite stehen. Milliarden landen am Fiskus vorbei in privaten Kassen, wo sie nicht hingehören und im öffentlichen Haushalt fehlen. Um es beispielhaft zu quantifizieren: 2023 nahm der Bund 915 Mrd. Steuern vor Steuerverteilung ein.1) Rund 100 Mrd. wurden nicht bezahlt.2) Dreistellige Milliardenbeträge entgehen den Behörden durch Steuerhinterziehung, legale Steuerschlupflöcher und Schwarzarbeit.3)
Auch Geldwäsche gehört in dieses Spektrum nicht erschlossener Geldquellen, wogegen die Ampel-Regierung mit einem „Gesetz zur verwaltungsrechtlichen Beweislastumkehr“ vorgehen wollte, heißt konkret: Autos oder Immobilien müssten nachweislich mit „legalem“ Geld bezahlt werden. Gescheitert ist dieses Gesetzesvorhaben an der FDP. Die Schattenwirtschaft in Deutschland hat laut Statista einen Umsatz von rund 450 Mrd. Euro – das sind 11,3 Prozent des BIP.4)
Geld – Besitzstandswahrung, Subventionen
Es ist klar: Von Steuererleichterungen und Förderinstrumenten profitieren in nennenswerten Größenordnungen nur jene, die auch viel verdienen. Freibeträge aller Art gehören also auf den Prüfstand, wo sie sich als Instrumente ewig gestriger, indirekter wie direkter Subventionierung erweisen. Wie in der Pendlerpauschale, die auch den privaten Pkw-Gebrauch und die automobilen Firmenflotten fördert. Die Ampel-Regierung hat einiges bewirkt, was in eine ökologisch vernünftige Richtung weist – 2021 wurden etwa 37,9 Mrd. Subventionen verteilt, 2024 sind sie bereits auf 67,1 Mrd. beziffert.5) 2023 waren es rund 39 Mrd. für Nachhaltigkeits- und Klimaschutzthemen.6) Es ist gar keine Frage, dass mit gezielten finanziellen Unterstützungen Politik gemacht werden kann und muss. Aber was wird nicht alles als „nachhaltig“ verkauft! Und ärgerlicher ist, dass Subventionen abzubauen in der politischen Praxis kaum eine Rolle spielt.
Unter einer konservativ-reaktionären Regierung könnte nun vieles zurückgenommen werden, was manche Errungenschaften zunichte machte. Etwa das Verbrenner-Aus oder das „Heizungsgesetz“ – beides parteiprogrammatisch initiiert und mit Auswirkungen in wichtigen Bereichen des Bauens und der Stadtentwicklung verbunden. Innovation, in neuen Bereichen zu schaffendes Wirtschaftswachstum und Ausbau der Erneuerbaren Energien wurden im kurzen Wahlkampf nicht sorgfältig und umsichtig thematisiert, was auch vielen Medien anzulasten ist. Euphemistisch von CDU/CSU, der FDP und der AfD als „Technologieoffenheit“ getarnt, droht hier eine Rolle rückwärts ins fossile Zeitalter, was auch die Industrie schwächen würde – denn Gas- und Ölheizungen sowie Autos mit Verbrennertechnik dürften die Ladenhüter von morgen sein. Die Deutschen lieben sie, die Besitzstandswahrung. Wenigstens klingt bei den Grünen an, dass neue Wirtschaftszweige entwickelt werden könnten.
Wissenschaft
Es ist im Wahlkampf zwar hier und da die Bildung angesprochen worden, aber nicht ansatzweise, welche Rolle die Wissenschaft für ein besseres Leben spielt. Denn tagesaktuell zeichnet sich in globalem Kontext ab, was Deutschland und Europa zu einem Innovationsschub verhelfen könnte: Donald Trump dreht in den USA vielen Wissenschaftsbereichen das (Geld-)Wasser ab. Wissenschaftler nun aus den USA nach Europa und gern ins weltoffene Deutschland zu locken, wäre eine gute Option für den Wissensstandort – und folgerichtig für künftige Wirtschaftszweige.
Ein weiterer Gedanke: Förderpolitik ließe sich auch steuern, wenn man Aktiengewinne aus bestimmten Branchen lenkte. Wenn derzeit die Aktienkurse der Rüstungsindustrie durch die Decke schießen, könnte man einen Teil der Gewinne subito in einen Wiederaufbaufond leiten. Geschenkt – der globale Finanzmarkt lässt sich kaum steuern. Und das ist ein gewaltiges Problem.7)
Die (Bau-)Finanzwelt
Wohnungs-, Industrie-, Gewerbe- und Bürobau und dazugehörige Finanzierungs- und Wertschöpfungsketten liegen seit langem schlichtweg im Dunkeln. Unterliegen öffentliche Bauvorhaben immerhin Finanzkontrollen und dem Bundesrechnungshof, streicht die private Bauwirtschaft mit allen bankgeheimnisgeschützten Finanzierungsbanken ordentliche Gewinne ein – sonst bauen „Investoren“ (auch Fonds und Finanzimperien aller Art) nicht und schieben dafür der Politik den schwarzen Peter zu. Immobilien werden nach wie vor mit undurchsichtigen, internationalen Banksystemen finanziert – ein Hallodri wie Rene Benko ist symptomatisch für diese Dealerei im Projektierungs- und Baubereich. Wenn nun argumentiert wird, er, Benko, sei ein schwarzes Schaf, dann ist es Sache der Branche, solche schwarzen Schafe – ohne diese Tiere beleidigen zu wollen –, also dass solche tatsächlich kriminellen Burschen aus den Immobilienkreisen ausgeschlossen werden.
Wieso, diese Frage stellt sich immer wieder, gibt es noch ein Bankgeheimnis? Der brave Bürger muss jeden Cent, den er verdient, angeben. Dem Staat entgeht dabei nichts. Dank des Heeres an finanzkriminellen Anwälten, Bankiers usw. entgehen dem Fiskus aber die Milliarden, die als Investitionen in Infrastruktur, das Bildungssystem, die Kultur bitter nötig wären – siehe oben. In großem Stile kursiert in der Finanzwelt Geld nur mit dem Ziel, aus dem Geld noch mehr Geld zu machen. Dort geht es nirgends um Baukultur. In Finanzkreisen schert sich niemand um eine lebenswerte Stadt, um ein gemeinwohlorientiertes vernünftiges Konzept für die Stadt-Metropol-Regions- und Landschaftsbereiche. Zu oft war ich auf Tagungen der Immobilienfinanzwirtschaft, um genau das im O-Ton erfahren zu müssen. Konsequente Transparenz im Finanzsektor strebt keine Partei ernsthaft oder konkret an.
Dass die Bundesrepublik von banalsten (Bau-)Projekten dominiert ist, beklagen wir immer und immer wieder. Das gesamte Abrissdesaster ist vor diesem Hintergrund systemkonform zu erklären.8) Es ist systemisch und politisch nicht in Wahlzyklen zu ändern, dass den teils kriminellen, jedenfalls unnötig verteuernden Geldvermehrungsstrategien der Immobilienwirtschaft kein Riegel vorgeschoben wird. Dass „konservativ“ in diesem Sinne mit „besitzstandwahrend“ gleichzusetzen ist, darf als bittere Erkenntnis gelten, die den Vertrauensverlust in die Politik befördert. Einen Haushalt, für den hinterzogene Steuer-Milliarden dorthin gebracht werden, wo sie hingehören: in die öffentlichen Kassen, wird es mit dem derzeitigen Parteienspektrum nicht geben.
Die dealenden Weltherrschaften
Die Bundesrepublik spielt in der Liga der Exportweltmeister, und wenn sich wie derzeit die Weltordnung radikal ändert, ist das binnenpolitisch nicht adhoc zu ändern. Unternehmen sind erst einmal selbst gefordert, so rasch es geht darauf zu reagieren. Eine alte Leier: Wieso hat Musk den Tesla gebaut – und wieso ist die deutsche Parade-Autoindustrie hier ins Hintertreffen geraten? Sie darf sich an die eigene Nase fassen.
Es ist nun müßig, die Mentalität von Dealern in der gesamten Weltpolitik zu beklagen. Trump und seinen Jüngern und Apologeten geht es um Deal-Denken im Ausbau eigener Macht. Um mit dieser Macht die Welt ausschließlich zum ungeregelten Handelsplatz zu machen. Trump geht es, wenn er mit Putin über die Ukraine verhandelt, nicht um Frieden und nicht um das Wohlergehen der Ukrainer. Sondern um Deals rund um den Globus.
So wie Donald Trump die Palästinenser einfach aus Gaza „umzusiedeln“ vorschlug, um dort eine Riviera zu bauen, so deutlich hat er den Grönländern mit militärischer Gewalt gedroht, wenn sie die amerikanischen (Wirtschafts-)Interessen in ihrem eigenen Lande ignorierten. In der Ukraine gibt es Bodenschätze und Seltene Erden; würde es jemanden wundern, wenn Trump die Umsiedlung von Ukrainern vorschlüge? Um sich mit Wladimir Putin Land und Schätze zu teilen? Putins und Trumps könnten sich im Big Deal die lukrativen Teile der Welt sichern. Beim heutigen Treffen der Vertreter aus Russland und den USA in Riad ging es um die Ukraine. Und ein russischer Sender kommentierte: „Heile Welt für zwei“.
Kann das gut gehen? Es geht um viel, um sehr viel Geld – auf der Strecke könnten Werte jenseits des Geldes und eine vernünftige Weltordnung auf Grundlage eines Konsenses zur Menschenwürde bleiben.
Kriegsgewinnler:
massive Renditen, Kursexplosionen bei den Aktien
Doch schiebe man hier den schwarzen Peter nicht allein auf Trump und Putin und wie sie alle heißen. Längst wird über den Wiederaufbau der Ukraine und von Gaza spekuliert. Am Aufbau und Betrieb einer „Riviera“ in Nahost könnten, wie gesagt, die USA trefflich verdienen. Und wie es in der Ukraine in reiner Geldvermehrung weitergeht, beschrieb just ein Börsenbratungsportal – es verschlägt einem die Sprache.
So meldet börsenmedien.de, bildlich hinterlegt mit einem Friedenstäubchen: „Sollte der Krieg in der Ukraine zu einem Ende kommen, so ist das nicht nur sehr erfreulich, sondern könnte für Anleger auch die Chance auf massive Renditen sein. (…). Eine historisch einmalige Gelegenheit für Anleger. Andererseits dürfte auch der Wiederaufbau der Ukraine und der vom Krieg zerstörten Gebiete weitere Potenziale bei einigen Aktien freisetzen, denn es ist mit drei- oder gar vierstelligen Milliardensummen an Fördermitteln und Krediten aus dem Ausland [Hervorhebung durch die Autorin] zu rechnen. Dementsprechend kann es sich jetzt lohnen, einen Blick auf die potenziellen Gewinner des Friedens in der Ukraine zu werfen. Im Aktienreport sind sechs aussichtsreiche Werte zusammengestellt, die aktuell kaum jemand auf dem Schirm hat. Dabei gilt: Wer zuerst dabei ist, profitiert zuerst. Denn je näher ein Waffenstillstand rückt, desto mehr könnten diese Aktien schon im Kurs explodiert sein.“ 9)
So lassen sich öffentliche Fördergelder gleich via Aktien in privaten Wohlstand verwandeln. Mit der Wahl werden, um im Bahn-Bild zu bleiben, Weichen gestellt. Hierzulande hat jeder Zugang zu Informationen und Meinungen und ist für seine Entscheidung verantwortlich. Einen Deal kann man mit der Wahlentscheidung – noch – nicht machen.
2) https://www.boeckler.de/de/magazin-mitbestimmung-2744-steuerhinterziehung-kostet-100-milliarden-5391.htm (aufgerufen am 18.2.25)
3) Solche Infos werden auch durch jedermann zugängliche Medien vermittelt: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/buergergeld-betrug-steuerhinterziehung-finanzieller-schaden-102.html
4) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/20063/umfrage/entwicklung-des-umfangs-der-schattenwirtschaft-seit-1995/
7) Ein weites Feld, Infos füru.a. bei der BPB: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/internationale-finanz-und-wirtschaftsbeziehungen-334/259390/regulierung-der-finanzmaerkte/
8) siehe Seitenspalte und http://www.moderne-regional.de
9) https://www.boersenmedien.de/produkt/aktienreports/waffenstillstands-gewinner-3924.html (aufgerufen am 17. Februar 2025)