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Benzinale

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Politik entscheidet über Infrastruktur und Bauen. Und jetzt? Das Verkehrsministerium in den Händen der FDP bedeutet im Zusammenwirken mit dem Finanzministerium – ebenfalls in den Händen der FDP –, dass mit politischen Machtstrategien die üblichen Lobbyinteressen aus den Auto- und Immobilien-Bereichen glatt über die Parlamentsbühne gehen. Und das lang diskutierte, jetzt eigenständige Bauministerium leitet Klara Geywitz, die sich nach ersten Informationen mit dem Bauen nur am Rande von Verwaltungsangelegenheiten befasst hat.

Schönste Perspektiven: Freie Fahrt, kein Tempolimit für 600 und mehr PS-Autos (Bild: Ursula Baus)

Prompt im Amt als Verkehrsminister, schlägt FDP-Mann Volker Wissing ungefragt vor, die Kfz-Steuer zu senken, um Anstiege des Dieselpreises aufzufangen. Derzeit wird Diesel mit 18 Cent pro Liter höher steuerbegünstigt als Benzin, was Irrsinn per se ist. Dass Dieselfahrzeuge höher besteuert sind als Benziner, ist nur konsequent. Und wenn Ungleichheiten auffallen, könnte man sagen: Gut, dann rauf mit allen Fahrzeug- und fossile-Brennstoff-Steuern, bis sie gleichauf sind. So weit zum »Kleinkram«.

Die Bild-Zeitung zitierte Wissing: »Die FDP wird dafür Sorge tragen, dass höhere Energiesteuern auf Dieselkraftstoffe durch geringere Kfz-Steuern ausgeglichen werden.« Andreas Scheuer freut sich (via dpa), dass seine Verkehrspolitik offenbar fortgesetzt werde. Der Bundesrechnungshof attestierte dem Ministerium gerade noch »unter Andreas Scheuer, aber auch unter seinen beiden Vorgängern Alexander Dobrindt und Peter Ramsauer (beide CSU) einen stellenweisen sehr laxen Umgang mit Finanzmitteln.«1) Aus dem »Förderprogramm Gleisanschluss«, das 2020 dafür 286 Mio Euro vorsah, flossen gerade mal 110 Mio Euro in Gleisanschlüsse, dagegen habe das Ministerium aus diesem Topf 124 Mio Euro für Fernstraßen, Fluggesellschaften und weitere Projekte verwendet.

Statt Vorgarten: wwei Zimmer auf Rädern (Bild: Ursula Baus)

Statt Vorgarten: zwei Zimmer auf Rädern (Bild: Ursula Baus)

Wie gut der autofreundliche Lobbyismus funktioniert, haben wir schon oft erläutert (siehe Seitenspalte). Es ist ja absurd: Elon Musk hat gerade ihm zustehende deutsche Subventionen beim Bau des Tesla-Werkes bei Berlin abgelehnt. Von ihm und von den Chinesen, die mit günstigen E-Autos den europäischen Markt fluten werden, lässt sich die unternehmerisch träge und selbstgefällige deutsche Automobilindustrie vorführen – und verhält sich, wie derzeitige Werbeanzeigen erkennen lassen, mit maßloser Arroganz so, als ginge sie die Konkurrenz nichts an. Und obwohl diese Branche selbstverschuldet bedrängt wird, wirft die Politik bislang – und höchstwahrscheinlich unter FDP-Regie auch künftig noch mehr – der hiesigen Autoindustrie Subventionen in abartiger Höhe hinterher und fördert ohnehin autofreundliche Investitionen, wo es nur geht. »Zukunftsfonds für mehr Elektromobilität« heißt es dann, wenn Steuergelder den Autokauf fördern, wovon die Autoindustrie enorm profitiert – Otto Normalverbraucher aber glauben gemacht wird, die Politik kümmere sich um seinen klammen Geldbeutel, der den Kauf eines teuren E-Autos nicht hergibt. Bei all dem haben allein BMW, Daimler und Volkswagen zwischen Januar und Juni 2021 über 30 Milliarden Euro Gewinn zu verzeichnen. Volker Wissing hat bei Abgeordnetenwatch übrigens noch kein Transparenzversprechen abgegeben.2) Die Süddeutsche Zeitung kommentiert die Besetzung des Amtes mit Wissing so: »Im Verkehrsministerium dürfte er für die Grünen zum Gegenspieler werden, die SPD half ihm aus industriepolitischen Gründen ins Amt.« Um welche Industrie geht es hier wohl?

Jung und ladylike

Die ZEIT meinte in ihrer Ausgabe 48.2021 zum Thema »Frauen im Parlament«, dass gerade »FDP-Frauen anders ticken als andere. Mehr Quereinsteigerinnen, mehr Frauen mit einem Hintergrund in wirtschaftsnahen Branchen«.3) Zu diesen gehört die Volkswirtin Sandra Weeser, die unter anderem den Familienbetrieb in der Automobilbranche geleitet habe. Auch sie, seit 2017 im Bundestag, hat noch kein Transparenzversprechen gegeben und charakterisiert in ihrem facebook-Account das Thema Verkehr so: »Das Verkehrsministerium sorgt für eine zukunftsorientierte Verkehrs- und Mobilitätspolitik mit Fokus auf die Digitalisierung«.4) Zukunftsorientiert ist eine der am wenigsten aussagenden, unverbindlichsten Vokabeln der Gegenwart. Blablabla. Von konkreten Ansätzen wie weniger Individualverkehr, Ausbau des ÖPNV, viel mehr Geld für die Bahn, Pendlerpauschale nur noch für Bus und Bahn und Fahrrad – also von einer ökologisch ambitionierten Infrastruktur-Initiative – ist nichts zu hören und lesen.
Beim Thema Verkehr zeigen der Koalitionsvertrag und die Personalie Wissing deutlich den Einfluss der FDP; eine Verkehrswende, mit der Städte und Landschaften und alle Räume dazwischen als Lebensräume von Dreck und Lärm entlastet werden, ist damit nicht zu erwarten, im Gegenteil.

Gendergerechte Ampelfrau (Bild: Wilfried Dechau)

Gendergerechte Ampelfrau (Bild: Wilfried Dechau)

Die ampelfarbigen Smarties

Maßgeblich wird es auf das Personal ankommen. Es tritt derzeit eine deutlich jüngere Politik-Generation an, nur noch wenige haben die Bonner Republik gekannt. Kurt Kister thematisierte nun in einem Leitartikel vom 7. Dezember 21, was sich im Wechsel von Bonn nach Berlin verändert habe und welche Rolle der jetzige Generationswechsel spielen könnte. Kister erinnert an die damaligen Befürchtungen, dass die Berliner Republik »eine unselige Renaissance des deutschen Nationalstaates bedeuten könnte«, so schlimm sei es nicht gekommen. Das sehe ich im Blick auf Morde an Walter Lübcke, das AfD-Theater am rechten Rand und die Debatten um die schwächelnde Demokratie allerdings anders. Kister analysiert aber auch, dass in Berlin die Politik doch anders funktioniere: »Ja, die Käseglocke, unter der Politik, Verbände, Organisationen, Medien et cetera arbeiteten, wurde in Berlin etwas größer.«5) Das scheint mir eine Verharmlosung dessen zu sein, was sich als neuer »Stil« im politischen Milieu Berlins abzeichnet, der – auch das sprach Kister an – sich vor allem durch professionelle Selbstdarstellung beziehungsweise -vermarktung auszeichne. Die strukturelle Veränderung der Öffentlichkeit hinterlässt ihre Spuren im Politzirkus, in dem auf »Performance« geachtet wird.

Man fragt sich nun im Blick auf die neue, quotenweibliche Regierungsequipe zum Beispiel, warum die Grünen das Verkehrs-Ministerium einfach hergegeben haben. Mit dem Verkehrsexperten Cem Özdemir wäre ein kompetenter Verkehrsminister im Amt, und der Weinbau-Experte Volker Wissing könnte sich im Landwirtschaftsministerium Verdienste erwerben. Allein, in der Ampel-Regierung könnte sich mit einer jüngeren Polit-Generation eine gesellschaftliche Veränderung manifestieren, die von Soziologen schon seit einiger Zeit im Sinne eines Paradigmenwechsels beobachtet wird. Individualisten, die sich ihre Freiheiten nach einer »bleiernen Zeit« in den 1970er Jahren mühsam erkämpft haben, sind teils noch in den 80er Jahren neoliberal sozialisiert worden. Und wer in den 1980er Jahren aufwuchs, hat den vorherigen Kampf um Freiheiten nicht mehr mitbekommen. Diese Gemengelage könnte erklären, dass die SPD mit der FDP gar nicht mehr fremdelt und die neuen Grünen kaum als Konkurrenz empfindet. Olaf Scholz und sein Youngster Kevin Kühnert kommen ja genauso smart daher wie Christian Lindner, der im übrigen leider keine brauchbare Frau für die FDP-Ministerien in seiner Partei findet. Genannter Frau Weeser fehlt es beispielsweise an Regierungserfahrung. Die Grünen ihrerseits flirten mit der FDP, smarte Vertreter beider Parteien treffen sich gern in lockerer Runde, um dies und jenes an Kompromissen zu bekakeln. Der neue »Stil« vertrauensvollen Zusammenwirkens – vor allem »diskret« – lässt jedoch in unkonkreter Übereinstimmung eher Plauderstündchen als Planungsschärfung befürchten – von der FAS am 5.12.21 als »Whiskey-Connection« tituliert, zu der Stephan Thomae (FDP) und Konstantin von Notz (Grüne) gezählt werden. Und »Stil« sagt leider nichts über Inhalte aus. Und nun vom Verkehr zum Bau und zurück.

Klara Geywitz – die Frau vom Bau?

Die neue Bauministerin ist nicht vom Baufach. Über die 45-Jährige berichtete rbb24.de mit den ersten 1:32 Minuten O-Ton, dass Klara Geywitz 400.000 neue Wohnungen und Mieterschutz als »Herausforderung« sieht. Herausforderung ist als Vokabel genauso unverbindlich wie zukunftsorientiert. Klara Geywitz studierte Politik und hat mit dem Bauen bislang kaum zu tun gehabt. Die fachliche Qualifikation, die immer wieder einzufordern ist und mit Karl Lauterbach im Gesundheitsministerium auf die Probe gestellt ist, hat sie nicht. Fachfremd Volker Wissing, fachfremd Klara Geywitz. Den Duo-Parteivorsitz mit Olaf Scholz verfehlte Klara Geywitz, vielleicht bekommt sie das Ministerium von ihrem langjährigen Parteifreund zum Trost. Das Kabinett, so Gleywitz, sei paritätisch besetzt, »ein Thema, für das ich seit Jahren streite«.6) Die 400.000 Wohnungen seien eine »Herausforderung« für Planung und Bauindustrie. Überhaupt kommt die Bauindustrie in Geywitz‘ ersten eineinhalb Minuten dominant vor – Architektur und Baukultur leider gar nicht, aber gut: Man begibt sich nicht gleich aufs Glatteis. Laut Tagesschau leitete Gleywitz den Innenausschuss und begleitete in einem BER-Sonderausschuss den Bau des Flughafens der Hauptstadtregion. Und: »Derzeit ist sie im Landesrechnungshof für Prüfungen im Bereich Bauen, Wohnen und Verkehr zuständig. Das ist genau der Bereich, den sie jetzt als Ministerin zu verantworten haben wird.«7) Verkehr gehört aber gerade nicht in Gleywitz‘ Bereich. Ach ja, Scholz, Gleywitz, Baerbock: Alle sind sie aus dem beschaulich-konservativen Potsdam. Wenige Stunden nach der Amtsbekanntgabe meldete sich übrigens die PR-Abteilung der BAK – und was listete sie auf? »Herausforderungen«.

»Mehr Baukultur wagen«: die BImA gehört ins Bauministerium

Bemerkenswert ist im Koalitionsvertrag, dass ausgerechnet die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die sich selbst als »Unternehmen« charakterisiert und eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands ist) 8), auf bau-, wohnungs-, stadtentwicklungspolitische und ökologische Ziele ausgerichtet werden soll – nicht nur den Bundesimmobilienbestand verwaltend, sondern selbst investierend. Die Rechts- und Fachaufsicht für die BImA mit ihren rund 7.000 Beschäftigten liegt beim Bundesministerium der Finanzen, das jetzt von FDP-Chef Christian Lindner geleitet wird. Hinzu kommt, dass laut Koalitionsvertrag die »nicht bahnnotwendigen Immobilien des Bundeseisenbahnvermögens« in die BImA eingegliedert werden. »Wir werden der BImA mehr Freiheiten verschaffen und ihr die Aufnahme von Krediten ermöglichen. Die BImA soll künftig selbst investieren und bauen sowie weiterhin kommunales Bauen unterstützen können. Dazu wollen wir die Verantwortung für Planung, Bau und Betrieb der Bundesbauten und Bundesliegenschaften bei der BImA konzentrieren. (…) Von Fall zu Fall [können] Instrumente wie Kreditermächtigungen und Eigenkapitalstärkung genutzt werden.« Damit werden Steuererhöhungen vermieden, aber versteckte Staatsschulden initiiert.
Das FDP-geführte Finanzministerium baut mit der Stärkung der BImA also seinen Bausektor aus. Dabei gehört die BImA eigentlich und jetzt endgültig ins Bauministerium, um aus der rein marktwirtschaftlichen Denkwelt herauszukommen – niemand kümmert sich im Finanzministerium um Baukultur. Sie taucht nicht auf, wo die BImA ihr Selbstverständnis erläutert.9) Kompetenzüberschneidungen oder -dopplungen mag es dort mit dem BBR geben, das ja ebenfalls für Bundesbauten verantwortlich zeichnet – ein Thema, das eines Tages womöglich den Bundesrechnungshof beschäftigen könnte.

So kann zusammengefasst werden, dass Verkehr und Digitalisierung und Teile des Bauens der FDP als Garantin marktwirtschaftlicher Dominanz zugeordnet sind und um das neue SPD-geführte Bauministerium in seiner Zuständigkeit mächtig gerangelt wird. Die Ampelparteien balgen sich um den Zuschnitt des Ministeriums, um seine Machtbefugnisse, seine finanzielle und seine personelle Bestückung. Das Ministerium könnte verzwergen, wenn nur hineinkommt, was zuvor in Seehofers Innenministerium im Bau- und Heimatbereich angesiedelt war. Aus Habecks Wirtschaftsministerium könnten Baubereiche transferiert werden.10) Dann gingen diese aber dem Zuständigkeitsbereich der Grünen auch noch verloren, die ihrerseits das Umweltministerium erheblich schwächen.11)

Kofferträger und Malocher

Im Nu hatte Robert Habeck für sein Wirtschaftsministerium kompetente und respektable Staatssekretärinnen parat. Zu Redaktionsschluss kam an die Öffentlichkeit, welche Personalien analog im Verkehrs- und im Bauministerium anstehen. Gemeldet wurde unter Vorbehalten, dass Daniela Kluckert, Oliver Luksic und Michael Theurer parlamentarische Staatssekretäre im Verkehrsministerium werden sollen.
Auf der Website von Daniela Kluckert (FDP), derzeit Vize-Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Digitales & Mitglied der Enquetekommission Künstliche Intelligenz lesen wir: »Mobilität ist Teil der persönlichen Freiheit. Dazu gehört, selbst zu entscheiden, welches Verkehrsmittel man benutzt. Mobilität ist wichtig für unseren Wohlstand und Erfolg. Wir verlieren heute zu viel Zeit, weil Straßen, Schienen und Brücken nicht ausgebaut sind, weil Staus und Sperrungen uns lähmen. Riskieren wir, dass sich etwas bewegt. Investieren wir in Infrastruktur und beschleunigen wir die Planung von Verkehrsprojekten, damit wir in eine mobilere Zukunft starten können.« Und konkret: »In Pankow verbinden sich urbane Zentren mit ländlichen Gebieten. Pankow braucht bessere Verkehrswege: Ausbau der A 100 über Treptow hinaus, Autobahnanschluss für den Ortsteil Buch, Bau einer U-Bahn für Weißensee und Hohenschönhausen, ein intelligenter Ausbau des Fahrradwegenetzes und die schnelle Internetanbindung aller Ortsteile. Die Herausforderungen in Pankow sind typisch für Deutschland. Ich will, dass unsere Lösungen beispielgebend sind.«12) Tja, da werden als erstes Autobahn und Autobahnanschluss genannt.
Auf der Homepage von Oliver Luksic (FDP) sind drei Themen gehypt: 1. seine Vorfreude »auf die neuen, spannenden Aufgaben als Parlamentarischer Staatssekretär«, 2. »Was der Koalitionsvertrag für die Autofahrer bedeutet«, 3. »Das Dieselprivileg bleibt vorerst«. Hier offenbart sich eine klare Interessenslage, die mit einer ökologisch verantwortungsvollen Verkehrswende nichts zu tun hat.13) Michael Theurer (FDP) präsentiert in seinem facebook-Account die »Fraktions-Top-10«, die ich nicht weiter kommentiere.

Vom aktuellen facebook-Account des FDP-Staatssekretärs Michael Theurer

Vom aktuellen facebook-Account des FDP-Staatssekretärs Michael Theurer, bildlich dort hinterlegt mit einem Autobahnmotiv. Links im Bild die FDP-Aussagen zum Verkehr.

Am späten Nachmittag wurde auch bekannt, wer in zweiter Reihe im Bauministerium arbeiten wird. Cansel Kiziltepe, Abgeordnete aus Berlin, ist Volkswirtin,14) die sich mit dem angespannten Wohnungsmarkt in Großstädten auskenne und von 2012 bis 2013 beim Automobilkonzern Volkswagen in Wolfsburg beschäftigt war. Als weiterer Staatssekretär wird Sören Bartol genannt. Der ist Politologe und war immerhin 2011-2014 Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Verkehr, Bau, Stadtentwicklung und seit 2013 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion für die Bereiche Verkehr und digitale Infrastruktur, Bau sowie Digitale Agenda.15) Damit gehört er eigentlich in das Wissing-Ministerium, aber: Konkurrenz belebt hoffentlich das Geschäft. Zu erwarten ist allerdings, dass gestaltungsfreudige Architektinnen und gestaltungssehnsüchtige Stadtplaner bei all dem das Nachsehen haben.

Lücken

Eine Verkehrswende mit schnellem Aus- und Umbau der Infrastruktur ist nicht in Sicht. Wer geht dafür auf die Barrikaden? Die Bauingenieurin Lamia Messari-Becker kommt in vielen Medien derzeit zu Wort und schlägt viel Vernünftiges vor, was in der derzeitigen Ressortierung der Macht leider gar keinen Platz findet. Zwei Leerstellen im politischen Programm sind dabei zu nennen, an denen sich keine »industriepolitischen« Meriten verdienen lassen: Der Versiegelung unbebauten Landes massiv und schnell entgegenzuwirken – die Bauwirtschaft ruft stets nach Bauland – und sich intensiv mit dem Bestand auseinanderzusetzen, ist programmatisch nicht geklärt. Zusätzliche »Baulandmobilisierung« schon. Hohe klimatechnische Anforderungen und neue »Standards« sind auch vorgesehen – wer zahlt sie? Förderprogramme müssen aufgelegt werden. Wohnbaugesellschaften wie Vonovia finden das alles: gut. Aber wer redet noch von Baukultur?


1) Süddeutsche Zeitung, 1. Dezember 2021

2) https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/volker-wissing, abgerufen am 29.11.21, 14:39

3) DIE ZEIT, 3. Dezember 2021

5) Kurt Kister: Hoppla, jetzt komm ich. Erinnert sich noch wer an die Berliner Republik? In: Süddeutsche Zeitung, 7. Dezember 2021, Seite 11